Liebe Martha,
ich wünsche Dir, dass Du mit Deinem neuen Therapeuten einen gesunden eigenen Standtpunkt ausarbeiten kannst. Du musst auf Dich aufpassen, denn er wird es nicht tun, er KANN gar nicht die Verantwortung für Dich tragen, weil er selbst sein eigenes Leben nicht im Griff hat. Es geht nicht um Schuld; er ist krank und Du hast lange versucht, ihm zu helfen.
Ohne Krankheitseinsicht wird er das nie annehmen können. In der Manie/Psychose sind Menschen, die einem eigentlich helfen wollen, of DAS Feindbild schlechthin...so war das bei mir. Als ich durch Behandlung und Medikation wieder stabil war, stand ich teilweise vor einem Scherbenhaufen.
Das Problem ist, dass Du Deinen Freund wahrscheinlich gar nicht kennst, wie er wäre, wenn er gut eingestellt wäre. Vielleicht wäre es dann möglich, eine erfüllende Beziehung zu haben! Aber das ist Spekulation, er ist nicht in adäquater Behandlung. Und so lange sich da nichts tut, wirst Du immer den Kürzeren ziehen, es kann Dich krank machen.
Kümmere Dich um Dich. Gib' Dir Zeit, gib' Deiner Therapie Zeit.
Was ich mich frage: Was an euerer Beziehung lässt Dich so an ihm festhalten? Die wenigen positiven Momente? Was gibt er Dir? Warum kannst Du ihn nicht loslassen? Es ist jetzt wohl seit einem Dreivierteljahr oder länger eine schlimme Situation und ich frage mich, warum Du das alles auf Dich nimmst.
Übrigens halte ich es für völlig unverantwortlich, dass er als Arzt arbeitet. Manien gehen meist mit einer kolossalen Selbstüberschätung einher - eines der Diagnosekriterien - und mir wäre es unrecht, dass mein Arzt sich für allwissend hält. Wie kann man adäquat Patienten behandeln, wenn die eigene Wahrnehmung offensichtlich nicht stimmt? Wie will man da objektiv sein? Ein Arzt muss die Diagnosen anderer Ärzte berücksichtigen - was, wenn er meint, die hätten alle keine Ahnung, er aber?
Ich bin an BS erkrankt, bin aber medikamentös gut eingestellt - und arbeite am PC, mit Statistiken und Recherchen. Das traue ich mir zu, wenn etwas schiefgeht, liefere ich halt falsche Zahlen, daran stirbt aber niemand. Aber als Arzt...
Mir geistert das Wort "Zwangseinweisung" durch den Kopf. Ist hart, geht aber manchmal nicht anders! Mir hat es langfristg gesehen geholfen.
Dir alles Gute, ich denke an Dich.
Liebe Grüße
Alba
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w., 37 Jahre alt, schizoaffektive Störung 2009 diagnostiziert. Erste Psychose mit 17.
Medikation: Seroquel Prolong 400mg