Ja, ich bin/war in der Tat sehr wackelig heute. Zum ersten bin ich körperlich sehr angeschlagen, da fällt es mir sehr schwer stark zu bleiben. Es ist sehr ungewohnt für mich einfach "nichts" zu tun, das fällt mir noch sehr schwer. Ich war heute alles andere als ruhig, das weiß ich-innerlich war ich ein Nervenbündel. Trotzdem habe ich für mich selbst heute auch gelernt, dass Vorwürfe nichts bewegen. Bisher habe ich ihm natürlich immer alles vorgehalten, wie ungerecht er mit mir umgeht und all das. Ich habe meine Enttäuschung immer gerade heraus gesagt. Ich will es nicht hinunter schlucken, natürlich tat mir sein Verhalten auch heute weh, aber irgendwie betrachte ich es nüchtener als sonst. Ich versuche irgendwie darüber hinweg zu sehen. Ich will es nicht "einfach hinnehmen", sicher werden wir über diese Situation auch noch sprechen, aber wenn er wieder in der Lage ist. Jetzt bringt es einfach nichts, ihm mit Anstand und Moral mir gegenüber zu kommen.
Auch wenn ich mich heute noch nicht wie ein Profi verhalten habe, bin ich dennoch ein wenig Stolz auf mich selbst. Für unsere Verhältnisse ist es recht ruhig verlaufen heute, sonst diskutieren wir bis zum Umfallen und werfen uns gegenseitig alles vor, was uns einfällt-natürlich immer ohne Ergebnis...
Heute morgen gab es den Knall, ich bin gegangen und dann war im Grunde genommen Ruhe, keine weitere Eskalation, kein Streit. Das ist doch ein nicht so schlechtes Ergebnis, für meine erste Phase, die ich bei ihm so richtig bewusst von Anfang an miterlebe.
Oder rede ich mir gerade etwas schön?
Ach und um deine Frage zu beantworten, ja wir leben in verschiedenen Städten, führen also eine Fernbeziehung. Ich bin nur zur Zeit in der Heimat, da ich aufgrund meiner OP vorerst krank geschrieben bin. Ich bin allerdings zu Besuch bei meinen Eltern, nicht direkt bei ihm, da er ja auch arbeiten muss.
Und hier bleibe ich auch erstmal, bis ich wieder gesund bin. Und solange werde ich versuchen Abstand zu halten, zumindest solange ein vernünftiges Gespräch mit ihm nicht möglich ist. Ich werde ihm nicht weiter nach laufen, ich denke er weiß nun, dass ich mit ihm reden möchte und ich nicht böse auf ihn bin. Nun liegt es an ihm. Wenn er auf mich zu kommt ist, ist es ok, wenn ich reagiere,sofern er friedlich bleibt, denke ich, oder? Ansonsten werde ich weiter Abstand halten.
Er soll spüren, dass ich zwar da bin, aber eben auf Abstand, solange er so drauf ist. Er muss selbst spüren, dass er so einfach nicht weiter kommt, dass ich nicht immer die Kohlen für ihn aus dem Feuer holen kann. Er muss irgendwie doch spüren, dass er allein dasteht, wenn er sich nicht helfen lässt.
Das klingt irgendwie nach erpressen oder "auflaufen" lassen, aber ich denke, es wird ihm vielleicht die Augen öffnen. Ich habe hier im Forum auch gelesen, dass man aufhören soll dem Erkrankten alles so einfach wie möglich zu machen. Und das meine ich eben. Ich kann nicht sofort springen, weil er piep macht, nachdem er mich so derbe zusammen gefaltet hat. Er muss sehen, dass ich da bin und ihm helfen will, aber dass ich eben meine Grenzen habe. Und heute früh hat er bei mir ganz klar eine Grenze überschritten. Ich bereue nicht, dass ich gegangen bin. Im Gegenteil, ich bereue jetzt eher, dass ich mich dafür noch entschuldigt habe. Ich muss lernen irgendwie doch weniger Rücksicht zu nehmen, in diesen Momenten. Oder vielleicht ist es auch Mitleid mit ihm, Mitleid, dass er in solchen Momenten so gefangen ist und nicht anders kann. Wobei ich mittlerweile eher denke, dass er nichts für seine Depresssionen kann, aber er kann wohl schon darauf Einfluss nehmen, ob er mich anschreit oder er mir sagt, dass er Ruhe braucht. Ich denke, da muss er in solchen Situation auch ein wenig an sich arbeiten. Vielleicht sehe ich das auch falsch. Wie dem auch sei, jedenfalls war es für mich heute das erste Mal, dass ich wirklich einfach meine Sachen genommen habe und gegangen bin, weil er laut und tobend und ungerecht wurde. Zudem war ich ruhig und habe ich mich auf den Ton und die Vorwürfe nicht eingelassen. Ich weiß schon gar nicht mehr, was er vor sich hin geschimpft hat, weil ich es so hab abprallen lassen. Ich habe ihn schlicht toben lassen. Es war das erste Mal, dass ich wirklich konsequent war. Ich habe nicht gedroht zu gehen, nein, ich bin gegangen. Und das ohne einen Streit vom Zaun zu brechen. Ich bin einfach gegangen und habe ich danach auch (naja, das war vielleicht wieder n bissl zuviel des Guten...) vernünftig erklärt warum ich das getan habe, ohne Vorwürfe.
Es fühlt sich zumindest besser an, als darauf gezielt einzugehen und mich mit ihm anzulegen. Für gewöhnlich streiten wir dann beide bis zur Erschöpfung-ich habe nämlich auch verdammt großen Dickkopf. Aber in diesem Fall kann ich es unterlassen und es fühlt sich sogar richtig an. Ich habe irgendwie einfach das Gefühl, dass das heute gut war. Und das er nachher mehr überrascht und ein wenig überfordert war, dass ich trotz allem so friedlich war...
Vielleicht kommen wir einer Therapie endlich näher, wenn wir uns nun auch in dem Punkt näher kommen. Ich denke sobald das Eis zwischen uns gebrochen ist und wir zwei ganz offen und ungezwungen über diese Krankheit sprechen können, dann ist auch eine Therapie nicht mehr weit.
Ich glaube er wartet langsam selbst darauf "ertappt" und "überführt" zu werden, damit er sich nicht länger quälen muss-er machte in letzter Zeit einfach zuviele Anspielungen diesbezüglich. Die waren vorher nicht so klar, da bin ich sicher.