Ich weiß ja, dass er nicht der schlimmste Mensch der Welt ist und das möchte ich auch gar nicht hören, weil es einfach nicht so ist. Wenn ich dann ab undzu mal mit jemanden darüber spreche, dann stempeln sie ihn eben auch nur als schlimmen Menschen ab. Meine Eltern halten seit meinem Geburtstag nun auch nichts mehr von ihm. Sie sehen eben nur was passiert, nicht was dahinter steckt. Sie halten ihn für total kindisch, lächerlich und egoistisch.
Ich bin dann wütend und will ihn verteidigen, aber ich kann Außenstehende auch verstehen. Ich hätte sicher genauso gedacht, bevor ich ihn kennen lernte.
Ich versuche mir immer einzureden, dass das dann nicht er ist. Mein Freund hat eben zwei ichs. Sie sind wie Zwillinge.
Nur mag ich seinen Zwilling nicht. Er macht mir Angst und er drängt sich zwischen uns, lässt mich nicht zu ihm.
Gott, wenn ich so rede, fühle ich mich schon, als sei ich irgendwie von allen guten Geistern verlassen. Aber so kann ich irgendwie Abstand dau bekommen.
Wobei das ja nun auch nicht mehr funktioniert, wie wir sehen können. Ich bin eine ausgelutschte Schlaftablette :-/
Würde er es nur endlich annehmen und sein Schicksal akzeptieren und sich helfen lassen. Dabei könnte ich ihm helfen, ihm beistehen, ihn unterstützen. Und das würde auch mir wieder Kraft geben, das auszuhalten, wenn es soweit ist. Könnten wir offen damit umgehen und ganz ehrlich darüber sprechen. Dann könnte ich ihm auch einmal erzählen, wie es für mich ist und er könnte auch mir einmal Trost zusprechen und mir wieder Kraft geben, wenn es ihm gut geht.
Zumindest rede ich mir das ein, dass es so sein kann, wenn die Betroffenen offen damit umgehen-gerade dem Partner gegenüber.
Ich bekomme heute wieder SMSen, die wieder auf mich zielen. Er deutet mir an, ich bin ganz schlimm und unerträglich ... mit meinen Anfällen. Für ihn bin ich diejenige, die Anfälle hat. Das ist alles so unglaublich. Er verdreht komplett die Tatsachen. Irgendwie ist es, als würde er doch mitbekommen, was in diesen Situationen passiert. Nur dass er sie total auf mich projeziert. Das ist so irreal, so verrückt. Wenn er dann auf mich einhackt und mir wieder mal "meine Anfälle" vorhält, dann denke ich: "Ja, ganz genau so ist es! Ganz genau das tust DU!". Aber ich kann es nicht sagen, er hört es nicht. Es ist wirklich, als hielte er sich einen Spiegel vor die Nase und sagt das alles zu sich selbst. Nur, dass ich in dem Fall sein Spiegel bin. Und das ist für mich unerträglich. Ich kann dann einfach nichts tun. Ich kann nichts sagen, alles macht es noch schlimmer. Und ich stehe nur da und lasse es über mich ergehen. Und jede Gefühlsregung macht ihn noch heftiger.
Ich habe die ganzen letzten Tage nicht versucht auf seine Ausbrüche zu reagieren, ob sie nun lieb oder böse waren. Ich habe ihm nur immer wieder sachlich gesagt, dass wir darüber sprechen müssen. Dass es nicht mehr anders geht. Wir müssen einfach sprechen, sonst geht es für mich nicht weiter.
Er ignoriert das total und textet mich weiter zu, er sagt nicht einmal was dazu. Er redet völlig an mir vorbei. Er reagiert zwar irgendwie, aber nicht auf mich und mein Gesagtes. Das ist so anstrengend und aufreibend.
Und er merkt es nicht. Immer bin ich die Böse. Ich bin diejenige, mit der man nicht reden kann und er käme nie zu Wort...
Tatsache ist aber, dass er immer schreit und ich meist nur noch zum schluchzen komme oder ich einfach weg gehe, weil ich nicht zu Wort komme.
Wie kann ich ihm das begreiflich machen? Ich kann es doch nicht auf Video aufnehmen! Ich denke in solchen Situationen auch gar nicht an sowas. Ich bin dann nur in absoluter Alarmbereitschaft, weil ich wirklich Angst vor ihm habe, wenn er so ist. Er ist zwar noch nie handgreiflich geworden, hat mich aber mittlerweile schon mehrfach ruppig angepackt und wieder zum hinsetzen hingezwungen.
Und gerade beim letzten Mal. Als er im Bad verbal so über mich her fiel. Da habe ich kurz meine Beherrschung verloren, habe ihn bestimmt an die Wand gedrückt und ihm (schon ziemlich laut) gesagt, dass das hier alles eine Katastrophe ist und ich das nicht mehr aushalte. Dann bin ich gegangen.
Ich habe mich sofort dafür entschuldigt. Er hat mich gepackt, mich drohend angezischt, dass wenn ich ihn auch nur ein einziges Mal wieder anpacke, er mich durch das geschlossene Fenster auf die Straße wirft...
Das hat gesessen. Er hat das wirklich ernst gemeint, in dem Moment. Todernst.
Ich will nicht entschuldigen, dass ich ihn an die Wand gedrürckt habe, aber ich konnte wirklich nicht mehr. Ich war nur noch am weinen und er schrie mich an und beschimpfte mich mit einer solchen Wut, und er kam zu mir ins Bad und stand ganz dicht hinter mir-er hat mir beim schreien über den Kopf gespuckt. Ich hatte wirklich Angst. ich wollte nur ganz schnell raus aus diesem Käfig. Ja, ganz ehrlich, in dem Moment hab ich nicht nachgedacht, hab ihn eben an die Wand gedrückt und wurde laut, um dann weg zu laufen. Er war in dem Moment auch wirklich erstmal verduzt.
Ich schäme mich dafür, dass ich da für einen Moment die Kontrolle verlor. Und eben darum will und kann ich das alles nicht mehr. Was ist, wenn ich wirklich eines Tages die Kontrolle verliere? Ich bin ja auch kein Fass ohne Boden, was bis ins Unendliche alles erträgt. Ich kann es einfach nicht besser.
Naja das war wirklich wirklich das einzige Mal, dass ich etwas heftiger wurde. Gut, ja, ich kann auch mal laut werden, wenn es reicht und ich knalle auch mal Türen, wenn ich einen wütenden Abgang hinlege. Aber ich bleibe immer sachlich. Ich schreie, um gehört zu werden, nicht um zu verletzten und zu beleidigen. Und ich knalle mal mit Türen, um meinen Gefühlen nachdruck zu verleihen... aber er merkt ja ohnehin nichts dann. Es ist eben auch unheimlich schwer in diesen Situationen komplett gefühlsfrei zu bleiben. Und auch ich habe irgendwann meinen Punkt erreicht, wo es nicht mehr geht.
Aber sonst bin ich wirklich friedlich und ich suche immer ein sachliches Gespräch. Gott, wie gerne würde ihm all das mal sagen, was ich hier schreibe-wie es für mich ist.
Na jedenfalls habe ich ihm die letzten Tage immer nur Mails geschrieben und ihn gebeten, dass wir bitte vernünftig miteinander reden sollten. Es kam natürlich nicht bei ihm an.
Und heute bekomme ich die Antwort, dass jede meiner so gut klingt und so toll... und ich denke schon, er wird wieder klar... und dann kommt hinterher in Großbuchstaben die Frage hinterher, wo denn die Frau ist, die ihn beschimpft, missachtet und beschrien hat...
Am liebsten würde ich ihm antworten "In deinem Kopf. Sie ist nur in deinem Kopf". Aber das würde nichts bringen und alles noch schlimmer machen.
Ich hoffe es ist bald Dienstag!!! Ich fällt mir wieder sehr schwer, auf all das nicht zu reagieren.