Hallo Foris,
den ersten Beitrag meines Baums habe ich soeben nochmals gelesen.
Darin ist die Entwicklung klar erkennbar.
Meine Angst vor einer Klinikeinweisung war nicht unberechtigt.
Dank Gottes Hilfe, einige lichte Momente in meinem Denken, entsprechendem Handeln und
den klaren Worten meines früheren Hausarztes wurde das Schlimmste verhindert.
Ich mag mir nicht vorstellen, wie es gewesen wäre, nach 20 Jahren ohne Depressionen, Manien und
ohne Krankenhausaufenthalt an dem Ort, wo ich endlich eine Heimat gefunden habe, erneut Erfah-
rungen in der hiesigen Psychiatrie hätte machen müssen.
Ausgangspunkt, ab dem ich Streß und die Folgen nicht mehr händeln konnte, war das Entlastungspaket der
Regierung, bei dem Rentner und Studierende ausgeschlossen wurden. Ich empfand das als zutiefst ungerecht.
Ich habe zwar noch gedacht: das können sie sich nicht leisten, da Rentnerinnen und Rentner ein großes Wählerpotential sind. Sie werden nachbessern.
... doch gefühlt habe ich etwas anderes.
Als die Nachbesserung kam und ich erfuhr, dass auch ich im November € 300,00 bekommen werde, war es zu spät.
Ich war in einen Sog von Angst und Schrecken geraten, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte.
* * *
Als ich - wie aus heiterem Himmel - anfing, Ungeziefer in meinem Schlafzimmer zu vermuten und zu "sehen",
gab es einen kurzen Moment, in dem ich mir nicht mehr sicher war, ob ich mir selbst über den Weg trauen konnte.
Wie oft hatte ich Erkrankten auf dem Weg in eine Manie geschrieben: "Dein Gehirn spielt Dir einen Treich."!?
Vorsichtshalber habe ich dann sofort mein Notfallmedikament eingenommen.
Kurze Zeit später bekam ich den ersten Drehschwindelanfall, der nach einer gewissen Zeit wieder aufhörte.
Da stand mein Entschluß schon fest, zu meinem früheren Hausarzt zu fahren. Ich überlegte kurz, ob ich es ver-
antworten kann, unter diesen Bedingungen mit Maya im Schlepptau 2 Stunden Bahn zu fahren mit 2 x umsteigen.
Ich habe mich Gott sei Dank dafür entschieden.
In Psychosen der Vergangenheit habe ich den Ärzten in der Klinik meistens den Inhalt verschwiegen.
Weshalb das so war, weiß ich nicht.
Als mich mein Hausarzt, dem ich vertraute, auf meine Bitte "anschaute", habe ich zunächst auch nur von Streß
gesprochen und bin um das Thema "Ungeziefer" herumgeeiert. Doch dann habe ich erzählt, was passiert war.
Seinen klaren Worten: "Das kann nicht sein und es ist auch nicht!" habe ich sofort geglaubt.
Meine Beschreibung mit dem Rauschen im Ohr und dem Drehschwindel hat er richtig als Tinnitus diagnostiziert.
Seine Frage, ob ich auch erbrechen muß, habe ich damals wahrheitsmäßig mit "nein" beantwortet. Er verschrieb
mir ein Medikament gegen den Drehschwindel, was der HNO-Arzt nach seiner Erfahrung auch verordnen würde.
Ich glich mit dem Medikamenten-Rechner der Apothekenumschau, die Schilddrüsenhormontabletten, Carbamazepin, Olanzapin mit dem hinzugekommenen Medikament ab. Beim Olanzapin erschienen daraufhin unmißverständliche Warnhinweise. Zur Sicherheit habe ich noch die Apotheke angerufen und gebeten, mein Ergebnis zu überprüfen.
Es blieb dabei: das Olanzapin mußte ich absetzen.
Ab dann nahm das - zuvor beschriebene Elend mit Drehschwindel und Erbrechen seinen Lauf.
Der Drehschwindel hörte nicht wieder auf.
Mir war dann klar: ab jetzt wird die ganze Angelegenheit kippelig.
Da half nur beten, hoffen und vertrauen.
* * *
Als im Krankenhaus herausgefunden wurde, dass der Gleichgewichtsnerv im linken Ohr nicht mehr funktionierte und genannten Probleme verursachte, glichen die Ärzte wiederum meine Medikamente (das Olanzapin war schon raus)
ab mit den neuen, die sie mir verabreichen wollten.
Ich erinnere, dass die junge Ärztin, die mich in der Notaufnahme behandelte, mich fragte: "Wozu nehmen Sie das Carbamazepin?" Verängstigt, aber wahrheitsgetreu antwortete ich: "Wegen einer seit fast zwei Jahrzehnten remitierten Bipolaren Störung."
Daraufhin wurde überlegt: wenn mein Organismus schon so lange an das Carbamazepin gewöhnt sei,
dann müsse es zusammen mit den nun akut notwendigen Medikamenten gehen. Sie gingen das Risiko ein.
... nicht auszudenken, wenn sie diesen letzten "gefühlten" Anker auch noch hätten rausnehmen müssen!
* * *
Mein Schutzengel hat in der Vergangenheit arg Federn lassen müssen. Er sah ziemlich gerupft aus,
aus ich im Mai 2002 in meiner Wahlheimat SH die ersten Schritte zurück ins Leben machte.
... und nun war er erneut im Einsatz und er hat auf Gottes Anweisung die richtigen Weichen gestellt.
Von Menschen - in der Vergangenheit - vergessen und verlassen, war ich ab 2002 nie mehr allein.
Das weiß ich, seit ich zum ersten Mal in einer ev. Kirche das Lied hörte: "Wer auf Gott vertraut,
hat nicht auf Sand gebaut". Das habe ich erlebt - ich saß in Gottes Hand.
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Geholfen haben mir, als es in meinen Kopf bereits drunter und drüber ging, zuma's klare Aussagen, z.B.
dass - selbst wenn besagtes Ungeziefer in meiner Matratze krabbeln würde - man das nicht hören kann.
Ich wußte, dass das, was ich höre, real war. Nur meine Interpretation, was es ist, war schräg, weil es
auf das Ungeziefer fixiert war.
Heute weiß ich:
Damals erkannte ich nicht, dass ich auf dem linken Ohr bereits kaum mehr hören konnte.
Auch das Rauschen habe ich nicht dem Ohr zugeordnet, sondern der Heizung.
Ich wunderte mich zwar, da die Heizung aus war.
Die Geräusche, die ich damals hörte - mit dem rechten, gesunden Ohr auf dem Kissen/Matratze - kamen aus
Maya's Bettchen, dass neben meinem Bett steht. Es ist aus Kunstleder und wenn sie sich im Schlaf drehte
und mit den Krallen daran leicht kratzte, schalte das zu meinem Bett rüber.
Mein Gehirn verortete es dann in/unter meine Matratze.
Seit das linke Ohr erkrankt ist, kann ich nicht mehr hören, wenn Maya von einem Zimmer ins andere tippelt.
So vermutete ich sie damals schlafend in der Stube und in Wirklichkeit lag sie in ihrem Bettchen neben mir.
Das Krabbeln höre ich heute - je nachdem auf welchem Ohr ich liege - immer noch. Doch nun weiß ich, woher es stammt. Deshalb ängstigt es mich nicht mehr und ich muß mich auch nicht mehr schütteln.
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Mein geliebtes Kojenbett aus Massivholz habe ich mittlerweile zur Wohlfühloase mit vielen Kissen hergerichtet.
Schöne Farben und kuschelige Stoffe sind mir ab jetzt doppelt wichtig.
Und demnächst bekomme ich eine neue, warme Zudecke, gefüllt mit Schafswolle.
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Liebe Foris,
auch wenn ich zuvor speziell zuma's Aussage herausgegriffen habe, so waren die Rückmeldungen von anderen Teilnehmern - offen und per PN - genauso hilfreich. Zuma's Aussage ist mir nur nachhaltig in Erinnerung geblieben.
Ich danke Euch allen von Herzen - wie gut, dass es Euch und das Forum gibt!
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Heute mache ich mich auf den Weg zum Hausarzt.
Ich versuche es, ohne Rollator mit dem Bus.
Um die Verodnung eines Rollators werde ich jedoch bitten.
Mein Gehenkönnen ohne das Hilfsmittel ist von meiner Tagesform abhängig.
... und die schwankt sehr.
Zum Schluß die beste Nachricht: heute bin ich den 8. Tag ohne Drehschwindel.
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Danke für's Lesen!
Viele Grüße
Deborah
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Wer etwas will, sucht Wege.
Wer etwas nicht will, sucht Gründe.
Lerne erst laufen,
bevor du versuchst zu rennen.
("zeitzuleben", Ralf Senftleben)
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