Guten Morgen s.,
für alles, was Du mir schreibst, bin ich Dir sehr dankbar.
Ich habe mich nicht getraut, mich im Internet zu informieren - aus Angst,
ich könnte mir am Ende auch noch einen Hirntumor einreden.
Die Frage der Ärzte und Rettungssanitäter "Haben Sie Kopfschmerzen?"
hat meine Angst in diese Richtung ausgelenkt.
Auf die von Dir genannten Punkte gehe ich nachstehend ein:
Nach der Diagnose im Krankenhaus, der Gleichgewichtsnerv im linken Ohr funktioniere nicht mehr, sagte die mich behandelnde Ärztin: "Bitte, erschrecken Sie sich nicht. Wir verabreichen Ihnen auf Station hochdosiertes Kortioson.
Das ist die einzige Möglichkeit, die Heilung des Nervs zu beschleunigen.
Wir schleichen das Medikament gemeinsam mit Ihnen wieder aus."
Zu letzterem kam es dann nicht, weil ich - wie sich später herausstellte - zu früh entlassen wurde.
Bei meiner zweiten Einlieferung und ambulanten Behandlung durch eine Neurologin meinte diese:
"Bei dieser Erkrankung gibt es keine Spontanheilung!"
Auf meine Frage nach dem Kortioson, sagte sie wörtlich: "Das muß raus aus dem Körper, weil es ihm schadet!"
Ausgeschlichen müssen habe ich das Medikament dann zu Hause alleine.
Gott sei Dank ist mir das gelungen, da das Management der Krankenhauses dem Entlassungsbericht
einen detaillierten Plan beigefügt hatte.
Der Hausarzt, der mich dabei begleiten sollte, stand nicht zur Verfügung -
entweder lagen Wochenenden dazwischen oder mir ging es so schlecht, dass ich nicht wußte,
wie ich in die Praxis komme sollte. Taxifahrten (hin u. zurück ca. 2 km = € 28,00) sind mir nicht möglich,
weil ich das Geld nicht habe. Das habe ich dem Hausarzt telefonisch mitgeteilt.
Seither bekomme ich bezüglich meiner jetzigen Erkrankung keine Medikamente mehr.
Ich nehme - wie vor der Erkrankung - nur noch die Schilddrüsenhormtabletten und 400 mg Carbamazepin.
Nach jedem durchgestandenen Drehschwindelanfall brauche ich einen Tag Pause, weil ich vollkommen erschöpft bin.
Ich kann dann ausser lüften, duschen, ziehe frische Sachen anziehen und zu versuchen, etwas zu essen.
Nachdem ich das zuvor geschilderte Eß-Problem aufgeschrieben hatte, fiel mir ein, dass ich es im Krankenhaus nicht hatte. Zusätzlich bekam ich zu den Kortisontabletten ein Medikament für den Magen. Davon habe ich noch welche. Die werde ich heute morgen zusätzlich zu Thyroxin und Carbamazepin einnehmen. Vielleicht kann ich dann essen.
Was ich als Hilfestellung noch mit auf den Weg bekommen habe ist Folgendes:
Ich muß schauen, was ist. Und dann ausprobieren, was nicht mehr geht und was stattdessen geht.
step by step ... bei allem: essen, bewegen, hören etc.
Ich bin eine gelehrige Schülerin, wenn ein Arzt mir etwas sagt, was mir einleuchtet.
So schlimm ich das selbst finde: mich allein mit allem herumzuquälen habe ich gelernt.
... und solange sich mir keine anderen Möglichkeiten eröffnen, bleibe ich in dieser gut eintrampelten Spur.
* * *
Da es mir - abgesehen vom Essen - seit gestern gut geht, werde ich heute folgendes machen:
Ich werde in die Hausarztpraxis fahren.
Dazu brauche ich Selbstbewußtsein, da der Arzt bei unserer ersten Begegnung in der Ausnahmesituation
keinen guten Eindruck bei mir hinterlassen hat. Das kann an meiner extremen Wahrnehmung gelegen haben.
Heute kann ich ihn mir anschauen, hören und schauen und spüren.
Nur nebenbei:
im Umkreis von 30 km meiner Heimatstadt nehmen die Ärzte keine neuen Patienten auf.
Woran das liegt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Ich habe alle unter meiner PLZ gelisteten Ärzte angerufen.
Der jetzige Hausarzt hat mich nur auf Druck der Kassenärztlichen Vereinigung aufgenommen.
Diese hatte ich in meiner Not um Hilfe gebeten.
Vom Hausarzt werde ich die Verordnung eines Rollators erbitten (weil ich den jetzigen ja wieder abgeben muß).
Dann erbitte ich eine Verordnung Physiotherapie für Lauftraining. Danach bitte ich ihn, mich laut der Anweisung
der Neurologin des Krankenhauses mich detailliert über den weiteren Verlauf der Erkrankung aufzuklären
und mich während der ganzen Zeit zu begleiten.
Sollte es in dieser Praxis aus Kostengründen an irgendeiner Stelle haken, wende ich mich erneut an die Kassenärztliche Vereinigung, schildere meine Probleme und bitte, für mich weiter nach einem anderen Arzt zu suchen.
Unabhängig davon, fühle ich mich sehr von meiner Krankenkasse unterstützt.
Sie haben aufgrund meiner Schilderungen den MD eingeschaltet, der sich bei mir melden wird.
Je nach den Vorgaben meines Bundeslandes (COVID19-Regeln f. Herbst/Winter), können wir dann
telefonieren (wenns in meinem Kopf nicht kreiselt) oder sie kommen zu mir nach Hause.
Der Antrag auf Prüfung einer Pflegestufe wurde mir postwendend zugeschickt.
Da ich heute lesen und schreiben kann, fülle ich ihn aus und zurück.
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Eines verspreche ich (in ersten Linie mir selber) aber auch allen, die sich um um sorgen,
hier im Forum oder vor Ort: ich quäle mich nicht länger. Jetzt ist Schluß!
Viele Grüße
Deborah
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Wer etwas will, sucht Wege.
Wer etwas nicht will, sucht Gründe.
Lerne erst laufen,
bevor du versuchst zu rennen.
("zeitzuleben", Ralf Senftleben)
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