Hallo Foris,
als ich 1993/94 nach einer lang anhaltenden privaten und beruflichen Belastung bipolar erkrankte, mein Leben krankheitsbedingt uneinsichtig an die Wand fuhr, überlebte und der langfristigen Unterbringung in einem Heim
für geistig und psychisch Behinderte entkam, habe ich alles Menschenmögliche getan, um ins Leben zurückzukehren.
... in
mein Leben,
nicht in das zuvor von wem auch immer vorgegebenen.
Mit Gottes Hilfe und der Unterstützung eines jungen Suchtberaters und eines erfahrenen Psychiaters und Psychotherapeuten wurde mein kopfstehendes Leben auf die Füße gestellt.
Das war ein jahrelanger beschwerlicher Prozeß.
Ich habe nie bereut, diesen Weg eingeschlagen zu haben.
Es gelang mir - eine Kopfarbeiterin, stets vernunftsgesteuert - zu lernen, Kopf und Herz miteinander in Kontakt
zu bringen. Alle Entscheidungen handelte ich fortan zwischen den beiden aus.
Im Zweifelsfall entschied ich mich für das Herz.
Damit bin ich zwei Jahrzehnte gut gefahren. Ich hatte wieder Zugang zu meiner Intuition.
Sie war mir ein zuverlässiger Begleiter, der mich nie enttäuschte und auf dem ich mich verlassen konnte.
Auch mit der Erfüllung meines Herzenswunsches im Alter von fast 75 Jahren, fortan in MV zu leben,
habe ich rückblickend das genau Richtige getan. Endlich habe ich ein Zuhause und fühle mich geborgen.
Ich habe nach 7 unglücklichen Jahren (nach dem Verlust meiner geliebten Wohnung in SH) nun meinen
Seelenfrieden gefunden.
Ich hatte mir eingeredet, ich müsse eine Zigeunerseele haben und deshalb ruhelos immer weiterziehen.
Heute weiß ich: das ist nicht der Fall.
Ich mußte nur das Fleckchen Erde finden, das mir Heimat ist.
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Meine jetzige Erkrankung hat mich durch den nicht endenden Drehschwindel im Wortsinne von den Beinen gehauen.
Wieder war dem eine langanhaltende psychische Belastung vorausgegangen:
die Corona-Jahre, der sich anschließende Krieg in der Ukraine, die schnell ansteigende Inflation,
die große Angst, am Jahresende meine Heizkostenrechnung nicht bezahlen zu können.
Ich würde mich als einen verhältnismäßig angstfreien Menschen bezeichnen.
Durch die vorgenannten Belastungen bin ich jedoch in einen Sog geraten, dem ich nicht entkommen konnte.
Dadurch habe den Kontakt zu meiner Intuition verloren.
"Lieber Gott, ich tue mein Bestes", habe ich gebetet und gefleht: "bitte, nimm' mir ab, was ich nicht schaffen kann.
Ich kann derzeit nicht freundlich sein. Du hast mir zuviel aufgepackt. Ich kann und ich will nicht mehr. Es reicht!"
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Den ersten schweren Drehschwindelanfall nach der Krankenhausentlassung habe ich alleine - mit offenen Augen - tapfer durchgestanden. Ich hatte keine Angst, weil mir die Neurologin das nötige Handwerkzeug mit auf den Weg gegeben hatte. Dann allerdings ging meine Kraft zuende.
Meine Freundin - der Engel auf Erden - ist derzeit im wohlverdienten Urlaub.
Sie hat mir noch Atemübungen gezeigt, die mich in der Not vom Problem ablenken.
... und sie hat leihweise einen Rollator organisiert, der seither zu meiner Sicherheit am Bett geparkt ist.
Maya ist wieder bei mir. Sie ist ein toller Hund, lernt mit 12 Jahren in kürzester Zeit, was jetzt nötig ist.
Wir spazieren mit dem Rollator langsam durch die Gärten, die ich so liebe.
Ich brauche die Natur, um mich zu erholen.
Auch bin ich ein Bewegungsmensch.
Würde ich drinnen bleiben müssen, würde ich verrückt.
step by step komme ich dank des Rollators langsam und ein bißchen wackelig voran.
Wie gut, dass es eine solche Erfindung gibt.
Mein größtes Geschenk derzeit ist: ich kann wieder den Himmel sehen und die prachtvollen riesigen alten Bäume.
Ich bin dankbar und sehr froh.
Danke für's Lesen!
Viele Grüße
Deborah
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Wer etwas will, sucht Wege.
Wer etwas nicht will, sucht Gründe.
Lerne erst laufen,
bevor du versuchst zu rennen.
("zeitzuleben", Ralf Senftleben)
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