Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

14. 10. 2014 12:34
Liebe Foris,

genau dieses Thema brachte mich schon 2011 dazu dieses Behandlungsprotokoll zu schreiben:

der damalige Baum - Klick mich



Protokoll einer Behandlung – oder - wie breche ich einem Leben das Rückgrat


Kurz zur Einleitung.

Ich habe die Nase voll von den ewigen Diskussionen. Es stehen zwei Pole zur Verfügung:

Auf der einen Seite :
Nur eine hauptsächlich medikamentöse Therapie 
(inzwischen mit ein bisschen Verhaltenstherapie und Psychoedukation) 
reiche aus um die bipolare Störung in den Griff zu bekommen!

Auf der anderen Seite :
Ich bin doch nicht wahnsinnig und schlucke so viel persönlichkeitsveränderndes psychotropes Zeugs 
(stattdessen mute ich mir und meiner Umwelt eine Phase nach der anderen zu, oder kann die Phasen nur 
mit viel Energie und Not herunterkämpfen)!

Deshalb schreibe ich ohne weitere Wertung meinen Werdegang als bipolar Erkrankte auf.
Jeder ziehe seine eigenen Schlüsse.

Als Tochter eines akademischen Haushaltes, der früh durch Scheidung zerbrach, wuchs ich im Umfeld von
Universität und Universitätsklinikum auf. Nach einer mehr oder weniger „normalen“ Kindheit als 
Scheidungswaisebeschloss ich in der zehnten Klasse Medizin zu studieren um in die Entwicklungshilfe 
zu gehen. In den 70igern pubertierend hatte ich sehr viel sozialromantisches Gedankengut in mich aufgesogen
und wollte „wirklich“ helfen.
In der Schule kam ich ohne Problem gut bis sehr gut zurecht, erreichte jedoch den geforderten 1,0-Abiturschnitt
nicht. Trotzdem bekam ich überraschender Weise einen Studienplatz in Medizin (damals wurde das Ganze 
noch ausgelost).

Schon während der Schulzeit war ich ein (auch durch die guten schulischen Leistungen) Außenseiter, 
der immer das Gefühl hatte … entweder zu viel oder zu wenig zu sein.

Dies steigerte sich im Studium, wo ich eine der wenigen „Werkstudenten“ unter fast 400 Erstsemester Medizin
war. Der Stress, mir das Studium mangels Unterhaltszahlung meine Vaters selbst zu verdienen und
gleichzeitig der erbarmungslose Verdrängungswettkampf in einem überfüllten Studiengang, reichten
aus um bei mir die bipolare Störung manifest werden zu lassen.

Es begann mit einer schwersten, teilweise psychotischen Depression und zwei Selbstmordversuchen 
(die sehr ernsthaft waren, jedoch fast slapstickartig endeten). Nach wochenlangem Dahinsiechen
zu hause, Einweisung durch den Hausarzt in eine psychosomatische Klinik. 
Diagnose Borderline. Behandlung: Transaktionsanalyse und ein Präparat namens Benpon (AD).

Entlassung nach Hause. Ausgezogen, keine Nachbetreuung (seltsame Begegnung der dritten Art 
mit einem Psychoanalytiker der mir riet in 20 Jahren wieder zu kommen, dann gäbe es wenigstens 
was zum analysieren).

Absetzen des Medikamentes auf Anraten eines verwandten Arztes.

Entwicklung einer psychotischen Manie (klassisch) ein Jahr nachdem ich zum ersten 
Mal Bekanntschaft mit der psychiatrischen Schulmedizin geschlossen hatte.

Einweisung (keine Zwangseinweisung!) auf die geschlossene Abteilung der Uniklinik des 
Studienortes . Zwangsbehandlung mit Haldol. (Ich war klassisch manisch mit einem
 „Verfolgungs- und Verwechslungwahn“. Weder eigen- noch fremdgefährdend. 
Trotzdem behandelten mich die die Psychiater ein volles halbes Jahr geschlossen, 
weil die Zwangsbehandlung mit Haldol nicht ansprach. Diagnose: 
Paranoide Schizophrenie (diese Diagnose steht heute noch auf meiner Akte in dieser für ihr 
bipolare Ambulanz bekannte Klinik!). Behandlung; ein Neuroleptikum nach dem anderen. 
Versuch der Abschiebung in eine Rehaausbildung. Ich bin zurück ins Studium. 
Es folgten immer wieder Klinikaufenthalte weil die Diagnose letztendlich falsch war, die 
Medikamente nicht griffen und am Schluss musste ich mein Medizinstudium an den Nagel hängen. 
In dem letzten Klinikaufenthalt (eine Anschlußbehandlung in einer anthroposophischen Psychiatrie) 
wurde mir angeboten die Diagnose in biplare Störung zu ändern. Meine Rückfrage, ob das an der 
Behandlung was ändern würde wurde verneint, darauf hin sagte ich nur „dann ist mir das egal.“

Ergebnis dieser turbulenten Zeit, ich begrub meine Lebenspläne, wurde MTA, schluckte ein 
klassisches Neuroleptikum und arbeitete in der Forschung. 
Meine Psychiaterin legte mich, wenn ich ins „rattern“ kam (so nannte sie die Hypomanien.) 
mit einem weiteren Neuoleptikum drei Tage schlafen und so arbeitete ich 15 Jahre als MTA 
wissenschaftlich. Nach beruflichen Veränderungen, und gleichzeitiger Überlastung landete ich
 eines Tages mit einer Erschöpfungsdepression in der derselben Uniklinik wie zuvor. 
Diesmal mit dem Zusatz schizoaffektiv. Wieder monatelanger Klinikaufenthalt , 
dann Tagesklinik und Verlust meines Arbeitsplatzes..
Wechsel zu einem anderen Psychiater: Wechsel der Diagnose: Bipolare Störung mit 
psychotischen Manien.
Behandlung: Versuch einer Einstellung erst auf Lithium, dann auf Carbamazepin, dann auf 
Valproinsäure, (gleichzeitig Verhaltenstherapie, in der sich aber in erster Linie die Gespräche 
um die Einstellung der Medis drehten, da ich nach Absetzen meines gewohnten Neuroleptikums 
( Fluanxol) zum Rapidcycler teilweise zum Ultrarapidcycler mutierte. 
Letztendlich durch die ständigen Phasen und die ständigen Wechsel der Medikamente 
(in einem Zeitraum von 7 Jahren) vollkommene Erschöpfung. Notfallmäßiges Einreichen der Rente.

2003 ein weitere Aufenthalt in der Uniklinikpsychiatrie .. zum Einstellen der Medis, da mein 
behandelnder Psychiater nach Versagen aller Phasenprohylaxen nicht mehr weiter wusste.

Diagnose: ??????

Behandlung Leponex, 40 Kilo Gewichtszunahme in einem halben Jahr, totale Sedierung. 
Brauchte 1,5 Jahre um aus dem Schei…..s wieder rauszukommen.

Danach mein schwor ich mir: nie wieder in eine Psychiatrie…

Wiedereinstellung auf das alte Neuroleptikum, Versuch der immer noch vorhandenen schweren 
Depressionen Herr zu werden mit Lamotrigin, Selbstmordversuche.. kurzer Klinikaufenthalt in 
einer anderen Klinik..
Später dauerhalfte Dazunahme zwei Antidepressiva… zu dem alten Neuroleptikum ( Fluanxol)


Seit einem halben Jahr einigermaßen stabil..
Seit 2003 in Rente… keine Möglichkeit in den Beruf zurückzukehren… in der ganzen Zeit
 einen Minijob (Arbeit für einen dressierten Affen wie eine Freundin von mir mal sagte)

Über die Jahre hinweg ungebrochene Compliance.

Mit dem Ergebnis, dass dieses Leben wohl verpfuschter kaum sein kann.

Ich habe Glück, das ich mir meine Wohnung leisten kann.

An die Gründung einer Familie war nicht zu denken.

Aber das ist die gute und glückliche Behandlung durch die Schulmedizin in den letzten 30 Jahren.

Diesen langen Text habe ich vor allem für diejenigen geschrieben, die Glauben, wenn man brav ist,
macht was einem die Ärzte vorschlagen, nie ausbricht, dann kann man sein Leben mit der bipolaren 
Störung zum Lohn „anständig“ verbringen.
Nein, dazu muss man Glück haben.

Dass die Medis greifen.

Denn letztendlich ist die medikamentöse Einstellung unserer Erkrankung ein Glücksspiel und oft
mehr mit einem Stochern im Nebel zu vergleichen als mit einer geplanten und gezielten Behandlung.

Bitte denkt darüber doch einmal nach…

Anne

LG Anne
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

Deborah 2647 03. 10. 2014 09:55

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

kinswoman 766 03. 10. 2014 12:24

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

dry 655 03. 10. 2014 13:39

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

delphin64 722 03. 10. 2014 16:55

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

delphin64 665 03. 10. 2014 17:34

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

Sandra 69 825 10. 10. 2014 18:03

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

RichardII 632 10. 10. 2014 18:37

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

Zora 650 10. 10. 2014 20:57

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

werner123004 882 10. 10. 2014 21:53

@ Zora

elsbeth 538 13. 10. 2014 18:51

meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 1

Friday 815 11. 10. 2014 14:15

meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 2

Friday 636 11. 10. 2014 16:32

Re: meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 3 und Fazit

Friday 757 11. 10. 2014 16:53

Re: meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 3 und Fazit

delphin64 569 11. 10. 2014 22:04

Re: meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 3 und Fazit

Bipolar1994 624 13. 10. 2014 16:07

Re: meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 3 und Fazit

Friday 498 13. 10. 2014 19:06

Re: meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 3 und Fazit

Bipolar1994 495 14. 10. 2014 06:46

Re: meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 3 und Fazit

Sumosimi 779 13. 10. 2014 16:32

@ Sumosimi

Deborah 557 13. 10. 2014 17:36

Re: @ Sumosimi

tschitta 698 13. 10. 2014 18:03

Re: @ tschitta

Deborah 692 13. 10. 2014 18:57

Re: @ tschitta

tschitta 521 13. 10. 2014 19:12

Re: @ Sumosimi

Sumosimi 535 13. 10. 2014 20:50

Re: meine Medikamentenbiographie - Vorsicht lang! Teil 3 und Fazit

Friday 503 13. 10. 2014 18:31

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

Friday 536 13. 10. 2014 15:12

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

werner123004 504 13. 10. 2014 15:29

@ Friday

Deborah 585 13. 10. 2014 17:19

Re: @ Friday

Friday 555 13. 10. 2014 18:21

Re: @ Friday

Deborah 454 14. 10. 2014 04:50

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

tschitta 536 13. 10. 2014 16:07

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

Friday 554 13. 10. 2014 18:55

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

tschitta 515 13. 10. 2014 22:25

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

tschitta 771 14. 10. 2014 08:10

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

tschitta 506 14. 10. 2014 09:35

resume

tschitta 498 14. 10. 2014 11:05

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

elsbeth 508 13. 10. 2014 19:02

Re: Medikamente? ja , - aber ...

werner123004 895 13. 10. 2014 23:20

Re: Medikamente? ja , - aber ...

werner123004 579 14. 10. 2014 21:24

Re: Medikamente? ja , - aber ...

werner123004 490 14. 10. 2014 23:13

Re: Medikamente? ja , - aber ...

werner123004 611 15. 10. 2014 13:19

Re: Medikamente? ja , - aber ...

A20213 572 15. 10. 2014 14:07

Re: Medikamente? ja , - aber ...

Friday 506 15. 10. 2014 14:38

Re: Medikamente? ja , - aber ...

A20213 484 15. 10. 2014 16:00

Re: Medikamente? ja , - aber ...

Friday 502 15. 10. 2014 14:37

Re: Medikamente? ja , - aber ...

zyklothym 545 16. 10. 2014 02:21

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! (lang)

zyklothym 2825 14. 10. 2014 01:45

@ zyklothym

Deborah 482 14. 10. 2014 03:29

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! (lang)

zyklothym 555 14. 10. 2014 05:01

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! (lang)

Deborah 600 14. 10. 2014 05:15

Re: Medikamente? Selbstbestimmung? Schwarzer Humor? (nochmal echt lang)

zyklothym 687 14. 10. 2014 07:26

Re: Medikamente? Selbstbestimmung? @all

kinswoman 572 14. 10. 2014 10:25

Re: Medikamente? Selbstbestimmung? @all... Buch ?

Zora 697 14. 10. 2014 11:12

Re: Medikamente? Selbstbestimmung? @all

A20213 746 14. 10. 2014 11:43

Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...

zyklothym 642 14. 10. 2014 15:02

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...

kinswoman 523 14. 10. 2014 17:38

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...

kinswoman 496 14. 10. 2014 17:57

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...

tschitta 519 14. 10. 2014 19:11

*Hilf mir, es selbst zu tun*

Deborah 554 15. 10. 2014 07:37

Nachtrag

Deborah 530 15. 10. 2014 08:22

Re: Nachtrag

werner123004 651 15. 10. 2014 13:30

Re: Nachtrag fürsorglichkeit

werner123004 728 15. 10. 2014 13:49

Re: Nachtrag fürsorglichkeit

werner123004 634 15. 10. 2014 13:56

Re: Nachtrag fürsorglichkeit

Friday 519 15. 10. 2014 14:44

Re: Nachtrag fürsorglichkeit

Deborah 526 16. 10. 2014 06:29

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...

Friday 550 15. 10. 2014 14:55

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...

zyklothym 553 14. 10. 2014 18:29

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...@ Zyklo

silram 550 14. 10. 2014 18:38

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt...

Friday 972 15. 10. 2014 14:32

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt... /Co-Abhängigkeit

Bipolar1994 503 14. 10. 2014 19:10

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt... /Co-Abhängigkeit

zyklothym 548 14. 10. 2014 19:22

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt... /Co-Abhängigkeit

Sumosimi 538 16. 10. 2014 13:12

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt... /Co-Abhängigkeit

werner123004 698 15. 10. 2014 20:23

Re: Kurzer miesepetriger Kritikpunkt... /Co-Abhängigkeit

Bipolar1994 529 16. 10. 2014 07:38

@ Bipolar1994

Deborah 553 16. 10. 2014 08:37

Re: @ Bipolar1994

Bipolar1994 516 16. 10. 2014 08:55

Re: @ Bipolar1994

Deborah 421 16. 10. 2014 11:19

Re: Medikamente? Selbstbestimmung? Schwarzer Humor? (nochmal echt lang)

Sumosimi 571 16. 10. 2014 09:51

@ Sumosimi

Deborah 711 16. 10. 2014 11:35

Re: @ Sumosimi

Sumosimi 526 16. 10. 2014 13:04

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

Anne.Freiburg 724 14. 10. 2014 12:34

Re: Medikamente/Complience/gleichwohl gebrochene Biographie

Bipolar1994 853 14. 10. 2014 14:29

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

BlueMoods 738 04. 01. 2015 21:09

Re: Medikamente? Nein! ...oder doch? - Ja! ...oder Nein?

Polarbär 594 14. 10. 2014 20:10



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