Hallo,
ich freue mich sehr, hier aufgenommen worden zu sein.
Ich lebe seit vier Jahren in einer festen Partnerschaft, seit 8 Monaten wohnen wir zusammen. Bei meinem Freund wurde bereits vor langer Zeit eine bipolare Störung diagnostiziert. Da er aber kein „klassisches“ Störungsbild zeigte, konnten wir bisher nie viel mit der Diagnose anfangen. Für ihn steht ein ständiges Gefühl der Unruhe und inneren Spannung im Vordergrund und insbesondere massive Schlaflosigkeit. Quetiapin hat hier geholfen. Lithium hat nie funktioniert (auch nach langen Phasen).
Jedenfalls… Vor fast genau einem Monat ging dann der Wahnsinn los.
Rückblickend hat es sich schon in den Wochen davor angedeutet: Schlaflosigkeit, massiver Rededrang, Gereiztheit und „in die Luft gehen“ bei Kleinigkeiten. Dann gab es einen Tag: Er hat am Vortag seine Mutter besucht, das hat ihn sehr belastet. Dann wieder fast nicht geschlafen, an dem Tag um 6.30 Schlaflabore angerufen. Dann gab es ein paar unschöne Dinge in der Arbeit, die ihn sehr getriggert haben. Er hat mich dann angerufen, ich war in der Arbeit, und war völlig am Ende wegen allem. Ich habe ihm gesagt, dass er zum Arzt fahren muss. Dort war er dann total sprunghaft, muss plötzlich geschrien haben, war total ungeduldig. Hat mixh angerufen, dass ich den Arzt anrufen muss und Entwarnung geben, sonst bringt er sich um.
Dann begann ein totaler Wahnsinn. Ich sollte Nachrichten weiterleiten, seinen Vorgesetzten anrufen etc., sonst würde er sich umbringen. Dann war er wieder gar nicht mehr erreichbar… Es war ziemlicher Terror. Irgendwann kam er dann wieder, c.a. drei Stunden später, ich musste mich zu ihm ins Auto setzen, meine Mutter anrufen. Er hatte versucht sich umzubringen (zumindest stellte er das in dem Moment so da, später relativierte er es). Wir mussten schwören, für ihn zur Presse zu gehen und öffentlich zu machen, was im Betrieb passiert war. Dann ist er aus dem Auto gestürmt und „zudammengebrochen“.
Er wollte, dass ich ihn ins BKH fahre, aber er war so unberechenbar, deshalb habe ich die Polizei gerufen, die ihn dann freiwillig dort abgeliefert hat.
Mittlerweile ist er einen Monat dort. Er hat sich dort im Bad verbarrikadiert, weil er zu hohen Blutdruck hatte, und dann gesagt, dass er sich ja hätte umbringen können, weil keiner kam. Also kam ein Gerichtsbeschluss und Isolation. Sogar Fixierung, bei mehr als fragwürdigen Gründen. Ein Albtraum für ihn… Aber er war wirklich nicht er selbst, ständig von dieser Wahnidee besessen. Wenn ich nicht zur Presse gehe, sind wir Geschichte, dann hat er aber wieder angerufen. Es war fürchterlich, er war nixht wiederzuerkennen. Irgendwann hat er dann Medikamente eingenommen und deswegen oder aufgrund der Zeit kam langsam wieder „er“ durch.
Er ist mittlerweile auf einer anderen Station. Prinzipiell ist der ganze Aufenthalt ein Albtraum, bis auf Gespräche hat er keine einzige Therapie, in der Station davor war er sogar ohne Fenster eingesperrt und durfte nicht raus, ohne irgendwas zu tun. Das kann ja nicht helfen.
Der Kontakt war aber besser, bei meinen Besuchen sind wir zusammen rausgegangen, mittlerweile dürfen wir das.
Gestern früh hat er mich angerufen, hat irgendwie alle Themen wieder aufgemacht, mir dann vorgeworfen, ich hätte ihm das eingebrockt, weil ich die Polizei gerufen habe (obwohl wir das schon oft geklärt haben). Wie ein „Rückfall“, ich hatte nicht mehr damit gerechnet… Später rief er dann an, als wäre alles ganz normal, weil es in der Visite komische Situationen gab.
Allgemein ist er insgesamt deutlich stabiler, aber da er nichts zu tun hat, wird er eher destabilisiert.
Ich habe schon gemerkt, dass ich oft seine Probleme zu meinen mache, dass ich vieles persönlich nehme, weil er zur Zeit oft sehr schnell „umswitcht“ (bei bestimmten Themen), er aber gar nicht merkt, dass er sich ganz anders verhält. Ich bin für ihn da, aber es fällt sehr schwer, denn er verletzt mich sehr stark. Wir hatten schon ein wirklich gutes Gespräch zur Klärung, aber ich brauche auch für die Zukunft Regeln, damit es nicht so weit kommt. Das tut ja ihm und mir nicht gut… Ich arbeite und das mit Menschen, die selbst Probleme haben, also muss mein Kopf dafür frei sein…
Die ganze Zeit war massivst belastend und irgendwie zieht es mich in den Strudel mit rein. Ich weiß gar nicht, wie das Telefonat dahingekommen ist und warum er die Themen aufgemacht hat. Aber es war extrem aufwühlend und ich hatte es nicht erwartet. Offensichtlich ist er noch sehr instabil. Aber es ist sehr schwer „da zu sein“ und es gleichzeitig auszuhalten…
Ich hoffe, ich habe alles einigermaßen nachvollziehbar geschrieben. Ich wäre für Tipps dankbar, wie es weitergehen kann. Wie ich mich verhalten und auch abgrenzen kann… Danke!