Liebe Sanne,
Danke für deine Worte.
Meine depressive Antwort auf Schmerz war stets - neben Alkohol und Tabletten - mich wie ein Embryo seitlich zusammengerollt unter die Wolldecke zu legen und zu versuchen zu schlafen, meist nach Weinen, welches erschöpfte.
Vorhin, als ich mir sagte: Und wenn du den ganzen verfluchten Tag in Fünf-Minuten-Schritte zerlegen musst, dann muss es eben sein! - kam als nächstes mein Zusammenroll-Impuls. In der Trauma-Therapie heißt sowas "Totstellen". Da lag ich dann, konnte nicht schlafen, spürte nur den verdammten Suchtdruck im Bauch.
Plötzlich kam mir ein Gedanke, der lautete inetwa so: "
Den Suchtdruck zu betäuben, in dem du dich totstellst und ihn mit Schlaf "betäubst", ist eigentlich gar nicht SOO viel anders, als wenn du säufst oder nen Benzo nimmst. Was du lernen musst, ist, ihn bewusst zu durchleben UND dich dabei weiter zu bewegen. Zu fühlen, es bringt dich nicht um. Und du bist weder tot, noch ist da irgendetwas, was dich zwingt, dich tot zu stellen. Steh auf und mach was. Irgendwas, scheißegal was. Und wenn du stundenlang im Forum in deinem AA-Baum Romane schreibst. Schluss soll sein mit 'Betäuben'. Raus jetzt. Los. Atmen, bewegen, machen. Egal was."
Also jetzt sitz ich hier und schreibe gegen Schmerz und Suchtdruck.
Dann steh ich wieder auf, mach was anderes, irgendwas Beliebiges im Haushalt.
Und dann komm ich wieder her und les was von euch. Und schreib hier wieder was.
Und heute abend ist meine Therapie-Gruppe. Und wenn es mir morgen immer noch Scheiße geht, geh ich halt zu einer weiteren AA-Gruppe.
Du sagst, ich solle ihm Zeit geben, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich neben BiPo jetzt AUCH NOCH Alkoholikerin bin. Genau das macht mich neben meiner Verzweiflung auch noch wütend. Meine SHG beäugt er schon skeptisch, die AA haben dann das Fass zum Überlaufen gebracht. Er sagt "beweg dich nicht dauernd in kranken Strukturen". Heißt übersetzt: mit bekloppten und gescheiterten Existenzen. Heißt - weiter gedacht - "erinnere mich nicht ständig daran, dass ich eine Frau habe, die kaputt, krank und gescheitert ist."
Ich könnt gar nicht so viel trinken, wie ich jetzt kotzen könnt.
Geduld? Ja. Werd ich brauchen. Aber ich werde - verdammt nochmal - meinen Weg gehen. Weil ICH es mir wert bin. Weil ich leben will. Bis später, eure Jakkie
Gruß, Jaqueline
Alles ist für was gut.
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„Ein Tropfen Liebe ist mehr
als ein Ozean Verstand.“
(Blaise Pascal)