Hallo Sputnik,
ich schreibe und lese hier schon seit 2002 und ich scheine da doch ein differenzierteres Bild von den Schreibenden zu haben, als du es jetzt hast.
Meine Wahrnehmung ist, dass viele, die Medikamente nehmen, sich sehr wohl auch mit dieser Störung auseinander gesetzt haben. Sie haben Psychotherapien durchlaufen, sind in Selbsthilfegruppen und haben ihre eigenen Erfahrungen und daraus Strategien entwickelt.
Es geht über Auslöser/Trigger, über Frühwarnsymptome, aber auch über das Betrachten seiner bisherigen Lebensentwürfe. Auch weitere Untersuchungen im somatischen Bereich gehören dazu. Sie wissen, dass sie eine höhere Verletzlichkeit haben, als andere und versuchen mit dieser einen Umgang zu finden. Da sind Medikamente nur ein Teilbereich von vielen anderen Dingen, die eine Rolle spielen, um möglichst ein Leben mit viel Lebensqualität führen zu können.
Es dürften eher die Wenigstens sein, die als alleinige "Symptombekämpfung" nur ihre Medis reinschmeißen und sich ansonsten keine weiteren Gedanken mehr machen und glauben, damit wäre nun alles gut. Vor allem, weil für viele damit eben nicht alles gut ist.
Da die Ausprägung sehr verschieden ist, gibt es Menschen, die nehmen nur nach Bedarf, andere kommen mit eher homeopathischen Medikamentendosen zurrecht und andere nehmen mehr. Aber die Meisten von denen, werden neben diesen Medis (oder eben auch ohne Medis) immer auch noch andere Strategien fahren, um die Stimmungen gut ausbalancieren zu können, wo es möglich ist und ihr Leben an ihrer "Verletzlichkeit" auszurichten versuchen.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 03.07.19 15:29.