Hallo liebe Leute,
ich versuche mal ein wenig zu schlichten:
Wenn wir von Antonovskys Kohärenzkonzept in Zusammenhang mit der bipolaren Störung sprechen möchten, dann müssen vorab einige Aspekte geklärt werden.
Zunächst einmal ist zu sagen, dass es eher problematisch ist, solche Konzepte wie dieses von Antonovsky auf spezifische psychische Krankheitsbilder anzuwenden. Bislang konnte nämlich eine psycho-physiologische Wirkung des SOC ( SOC = Sense of Coherence = Kohärenzsinn) empirisch
nicht belegt werden. Das heißt wir geraten mit diesem Konzept, zumindest was die biologische Komponente betrifft, schnell in Erklärungsnot. In der Wissenschaft spricht man von der sog. "ersten Natur" und meint damit das "Biologische" eines bio-psycho-sozialen Gesundheitskonzeptes. Das Problem ist, diese biologische Komponente spielt bei der bipolaren Störung (mitunter) eine entscheidende Rolle. Denn wir wissen ja aus der Forschung, dass bei Betroffenen der Neurotransmitterhaushalt verändert ist.
Von daher gebe ich an dieser Stelle @Lichtblick Recht, wenn sie zuerst daran appelliert, eine psychopharmakologische Therapie einzuleiten.
Nichtsdestotrotz geht von einem hohen SOC eine wahnsinnig hohe protektive Wirkung aus, die (womöglich) nicht minder effektiv ist als eine medikamentöse Phasenprophylaxe. Das heißt aber nicht, dass sie die medikamentöse Phasenprophylaxe ersetzen kann! Wir müssen hier tatsächlich von einer sinnvollen Ergänzung sprechen, denn wir wissen auch, dass die Erkrankung durch psychosoziale Faktoren beeinflusst wird. Hier ist ein hoher SOC von Vorteil, weil dieser sich begünstigend auf den Abbau von Spannungen auswirkt.
Von daher ich glaube ich @soulvision, @Heike und @Deborah auf jeden Fall, dass sie damit gute Erfahrungen gemacht haben.
Die Lehren von Antonovsky sind auf jeden Fall keine Scharlatanerie, sondern haben einen Paradigmenwechsel in der Gesundheitswissenschaft eingeleitet und sind bis heute brandaktuell. Die kann man sich also guten Gewissens zu Gemüte führen ;-)
Wir müssen uns aber vor Augen halten, dass dieses Konzept nicht zur Therapie bestimmter Krankheiten, mit einem bestimmten Symptomspektrum entwickelt wurde. Den Begriff "Genesung" würde ich in Zusammenhang mit der bipolaren Störung nicht verwenden und erst recht nicht mit Antonovskys Salutogenese-Modell in Verbindung bringen.
Hier noch die Quellen, aus denen ich mein Wissen beziehe:
Blättner, B.; Waller, H. (2018): Gesundheitswissenschaft. Eine Einführung in Grundlagen, Theorie und Anwendung. 6. Aufl., Stuttgart: Kohlhammer-Verlag.
DGBS - Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (o.J.): Ursachen der Bipolaren Störung.
[
dgbs.de]
Liebe Grüße
Supernova21