Hallo psycho,
ich glaube im Grundsatz verstehe ich was du meinst. Und ich meine, mich zu erinnern, dass wir hier schon mal über die sog. Opferrolle gesprochen haben.
Bei mir ist es so, dass ich mit 27 schon relativ "lange" betroffen bin. Ich hatte Jahre, in denen es keinen anderen Weg gab, als
in die Krankheit, Jahre, in denen das Wort Akzeptanz ein Fremdwort war. Ich steigerte mich hinein, etwas anders gab es nicht.
Dazu hat auch beigetragen, dass ich 3 Jahre in einer therapeutischen Einrichtung lebte. Und obwohl ich nicht leugnen kann, dass es mir geholfen hat, wuchs dort doch der beste Nährboden für "auffälliges" Verhalten. Wem geht es schlechter, wer war öfter in der Klinik und so weiter...ich begab mich mehr als die anderen Mitbewohner dort hinein, fühlte mich nur akzeptiert wenn ich eben nicht lachte und in jeder Kleinigkeit erkannte ich ein neues Problem. Im Nachhinein war das wirklich schlimm. Ich verlangte nach immer mehr Medikamenten, dachte ohne kann es nicht-ohne geht es gar nicht.
Ich konnte erst ausbrechen, als ich ein halbes Jahr in Italien lebte, fernab von alledem.
Dort erst merkte ich, dass ich Mensch bin mit Fehlern und dass nicht alles, was nicht "richtig" ist, behandelt werden muss. Erst da verstand ich, dass es um mehr geht. Mehr als eine Diagnose zum Beispiel.
Das sich drehen um sich selbst und um die Krankheit, um die eigene Geschichte. Das sich befinden in der "Opferrolle" macht es erst/auch so ungesund. Allerdings verstehe ich auch, dass es schwer fällt dort hinaus zu kommen-aus eigener Erfahrung.
Besonders dann, wenn man damit konfrontiert wird, dass man krank ist, dass es einen Grund gibt, macht sich eine Unsicherheit breit. Dann sucht man vielleicht in jedem "Popel" nach einem Symptom.
Zu sagen: Gebt der MD nicht soviel Macht ist sicherlich richtig. Jemand aber, der voll drin ist, wird da nicht so schnell rauskommen. Bei mir war es ein langer Weg zurück und kostete mich viel kraft, auch heute noch.
Nachdem ich nun ungefähr 3 Jahre Medikamenten frei bin, nachdem ich wirklich, wirklich viel nahm kann ich von mir sagen, dass ich es (zur Zeit) ohne hin bekomme, mir aber der Risiken und Gefahr durchaus bewusst bin. Aber ich weiß eben auch, welch harter Weg das war.
Menschen verstecken sich vor allem dann, wenn sie Angst haben. Als ich vor 4 Jahren eine stationäre Therapie machte, sagten viele meiner Mitpatienten wenn sie zum Beispiel auf ein dreckiges Klo oder einen miesen Spruch angesprochen wurden: Was willst du denn? Ich bin doch krank. Sich mit seiner Krankheit entschuldigen, sich zu verstecken vor sich selbst oder anderen...das gehört wohl eine zeitlang dazu. Um das zu ändern, muss man es erstmal erkennen. Und oftmals ist das schon ein langer Prozess.
Und das ist das, was ich sagen will: Es ist ein Prozess.
LG,
Roya
42 - don't panic and carry a towel!