Jo,
ich hatte meine BS 19 Jahre lang immer in den Griff bekommen, irgendwie, ohne Medis, ohne Diagnose, gearbeitet, Beziehungen, Musik gemacht, Leben genossen, wenn es ging, aufm Zahnfleisch durchgehalten, wenn es nicht so ging.
Dann 2 Jahre nur ne Pille genommen, einfach so weitergemacht wie vorher, nur eben kraftvoller weil stabil.
2 Monate habe ich alles gelesen was mir in die Finger kam, dann war ich mit dem Thema Diagnose durch.
Lief ja alles gut.
Dann nach 20 Jahren nochmal alles verlieren, was man sich über 15 Jahre trotz *ohne* aufgebaut hat, ist großer Mist.
Stell dir die 3 irren(instabilen) Jahre heute noch einmal vor, ich denk' da hättest du auch keinen Bock drauf. Hab ich auch nicht, so gar nicht.
Ich kann mich für dich freuen, dass 'die Pille' es bei dir gebracht hat.
Und dass du nun nunmal anscheinend das Glück hast, nun auch ohne ein Jahr stabil genug zu sein, damit klarzukommen.
Mich hat es vor 3 Jahren noch einmal komplett aus dem Leben rausgeworfen, da nehm' ich mir die Zeit, die es nun braucht, ein Neues zu beginnen. Nicht dass ich das nicht früher auch ein paar mal musste. Aber ich hatte mir natürlich was anderes vorgestellt - nach der Diagnose und der Medikation...
Nun hab ich ja wieder 'ne Pille.
Mal sehen, ob ich das nun wieder ein weiteres Mal schaffe, vielleicht sogar ein letztes Mal.
Aber ich weiss nun, es kann einen *jedes* Mal weghauen, auch mit 20 Jahren Erfahrung. Hatte vorher auch oft einfach nur Glück. Die Erinnerung bleibt dank Gerichtsvollziehern, jobcenter, Gutachten mit negativen Prognosen etc. frisch.
Ich bin nicht in psychotherapeutischer Behandlung, ich war nie in einer Klinik, wenn diese Pille es bringt, werde ich wahrscheinlich auch wieder auf Dauer alles selbst regeln. Nur springe ich eben diesmal mit Fallschirm.
Ich habe mich erst hier angemeldet, als ich verzweifelt und am Ende war. Davor wäre mir das trotz Diagnose nie eingefallen.
Solange ich nicht wieder ganz pragmatisch in mein Leben zurückgefunden habe, bleib' ich dabei, hier zu schreiben, und auch mal zu jammern. Ist besser, als allein zu Hause die Wand anzuglotzen, war oft genug so, früher.
Und anderen zu helfen, die es im Moment vielleicht einfach nötig haben, Hilfe zu bekommen.
Ich seh' darin einen Sinn, für mich selbst und für andere.
Deine Erinnerung ist vielleicht nicht mehr so frisch.
Ich wünsche dir ehrlich, dass es auch ohne Medis so bleibt.
Dass das geht, weiss ich ja. Ging bei mir ja auch ohne Ärzte, ohne Pille, ohne einen Namen für die Durchgeknalltheit. Mit einem gewissen Stolz auf sein Anderssein.
Nur, der kann einem eben auch abhanden kommen, schneller als man denkt. Leider.
Liebe Grüße,
M.