Hallo Brickman,
für mich sind alle Gefühle, von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt, normal. Normal ist es auch, dass es psychische Krankheiten gibt.
Ich bin also normal, trotz meiner Krankheit. Und ich bin mehr als meine Krankheit.
Zwischen einem auslösenden Reiz und einer Reaktion liegen immer Bewertungen (Interpretationen). Menschen sind keine trivialen Maschinen wie beispielsweise ein Fahrkartenautomat. Beim Fahrkartenautomat steckst Du oben das Geld rein und unten kommt die Fahrkarte raus.
Beim Menschen kannst Du eine Pille 'reinstecken' und es kann alles mögliche dann rauskommen. Eben weil wir keine trivialen Maschinen sind.
Dies gilt für Menschen mit und ohne psychische Erkrankung.
Durch die Achtsamkeitsmeditation habe ich gelernt, Gedanken (Bewertungen/Interpretationen) zu beobachten, ohne diese wiederum zu bewerten.
Ich schule also durch die Achtsamkeitsmeditation meinen inneren Beobachter. Beobachte Gedanken, Gefühle,Verhalten ohne vorschnell zu bewerten.
Normalerweise reagieren wir auf äussere Reize blitzschnell mit Gefühlen und glauben leider zu oft an Kausalzusammenhänge. Zum Beispiel, es regnet und ich fühle mich schlecht. Oder die Sonne scheint und es geht mir gut.
Bei Shakespeare steht: an sich ist kein Ding weder gut noch schlecht, das Denken macht es erst dazu.'.
Oder beim Philosophen Epiktet:
'Nicht die Dinge beunruhigen uns, sondern die Meinungen, die wir über die Dinge haben.'
Zunächst einmal geht es darum Dinge radikal zu akzeptieren, ohne sie gleich zu bewerten. Beziehungsweise, sich der Bewertungen bewusst zu werden.
Dann kann ich nämlich fragen, ist meine Bewertung oder ein Gedanke hilfreich bzw. nicht hilfreich?
Welcher Gedanke wäre hilfreicher?
Es gibt also funktionale und dysfunktionalen Gedanken.
Bereits beim Philosophen Platon findet sich im Höhlengleichnis das, was Dich, lieber Brickman, derzeit beschäftigt. Menschen halten ihre Wahrnehmung für wahr und sind sich nicht bewusst, dass sie nur einen kleinen Ausschnitt der Wirklichkeit sehen. Man könnte anstatt von Wahrnehmung auch von Wahrgebung sprechen.
Manche von Euch kennen vielleicht Paul Watzlawicks ' Anleitung zum Unglücklichsein'.
Watzlawick war ein Vertreter des radikalen Konstruktivismus. Er ging davon aus, dass Menschen ihre Wirklichkeit selbst konstruieren.
Demnach wäre Depression nicht ein unabändetlicher Zustand, sondern auch von uns selbst gemacht. Und deshalb auch durch uns selbst veränderbar.
Diese Veränderbarkeit verleiht uns das so wichtige Gefühl der Selbstwirksamkeit. Ich bin dann meinen Gedanken, Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert, ich kann sie beeinflussen.
Durch Meditieren habe ich gelernt, Gedanken sind Gedanken. Mehr nicht. Ich identifiziere mich nicht mehr mit jedem auftauchenden Gedanken. Dasselbe gilt für Gefühle. Gefühle kommen und gehen und ich identifiziere mich nicht mehr gleich mit jedem auftauchenden Gefühl.
Durch Identifizieren werde ich zum Sklaven meiner Gedanken und Gefühle.
Im Lied 'Die Gedanken sind frei....' heisst es in einer Strophe
'ich denke, was ich will, und was mich beglücket...'
In diesem Sinne wünsche ich Euch einen guten Tag mit ganz viel Gedankenfreiheit, radikaler Akzeptanz, funktionalen Gedanken und Achtsamkeit.
LIEBE GRÜSSE
Frech