Hi Brickman,
Du wirfst eine zweifellos sehr interessante Frage auf.
Was die vielen verschiedenen Gemütszustände betrifft, die Du an Dir kennst: Nur Du selbst kannst beantworten, in welchen / mit welchen Du selbst Dich am ehesten authentisch FÜHLST.
Das können dann durchaus mehrere Gemütszustände sein. Es sind doch eben "nicht alle Tage gleich".
Aber bei der Frage des Sich-Authentisch-Fühlens möchte ich selbst, jedenfalls, nicht stehen bleiben. Für mich ist die Frage sehr bedeutsam: In welchem Gemütszustand fühle ich mich AM WOHLSTEN?
Beispiel:
Ich selbst habe eine Neigung zu impulsivem Verhalten. Es kann zu Wutausbrüchen führen. Es kann dazu führen, dass ich Bekannten "meine Meinung" an den Kopf werfe, ohne zu überlegen, ob sie das verletzen könnte, etc etc. Das impulsive Verhalten kann auch zu impulsiven Käufen führen. Keine typischen Maniker-Käufe, aber halt Käufe, die ich hinterher bereue, und wo "Kleinvieh" auch ganz schön Mist macht, will heißen, es wird auch ordentlich Geld verbrannt.
Wenn ich überlege kann ich in diesen Verhaltensweisen ganz viel "Authentizität" entdecken. Ich habe es halt manchmal satt, den Leuten immer freundlich lächelnd unangenehme Wahrheiten zu ersparen. Immer höflich hinterm Berg zu halten mit dem was ich wirklich denke. Die Eitelkeiten der Leute und ihr oftmals irrwitziges Bedürfnis nach Anerkennung und Bewunderung zu bedienen. Den Glauben mancher Leute, sie seien tatsächlich in ihrem Beruf "unersetzlich" weshalb sie auf keinen Fall "aufhören" könnten, affirmativ zu bestätigen. Und manchmal möchte ich endlich mal ohne aufs Geld gucken zu müssen, den Einkaufskorb im Drogeriemarkt mit Beauty- und anderem Zeugs vollpacken und Kleider kaufen. Kein Luxus, keine Designer, aber halt drei auf einmal, und dann noch Schmuck dazu. Wieder kein Luxus, nur Modeschmuck, aber es läppert sich halt. Ach wie herrlich - wo ich doch früher als junge Studentin so streng sparen musste!
Es tut jetzt hier gar nichts zur Sache, ob und wie dieses Verhalten von der Psychiatrie in eine "Krankheits"-Kategorie eingeordnet wird. Ob es jeweils aus einer Hypotonie, einer Manie, einer Depression heraus getätigt worden ist, oder ob - eher oder kumulativ - eine AD(H)S-problematik zu Grunde liegt.
Nein, für Deine (und meine eigene) Fragestellung geht es - zukunftsorientiert - darum: In welchem Gemütszustand fühle ich mich AM WOHLSTEN?
Und da kann ich für mich, EINDEUTIG sagen: In einem ruhigen, gelassenen, entspannten.
In einem Zustand in dem Impulsivität jeglicher Art fern ist. In dem auch andere mitreißende Gefühle wie Eifersucht, Neid, Hass, überschwängliches Verliebtsein, dringend-haben-Müssen etc., fern sind. In einem solchen, ruhigen, gelassenen, entspannten Zustand fühle ich mich am ehesten "eins" mit der Welt.
Diesen Zustand KANN man mit Hilfe von Medikamenten erreichen. Bei manchen Menschen geht es vielleicht NUR so.
Aber: Ich bin davon überzeugt dass man auf diesen Zustand auch - gegebenenfalls zusätzlich - durch "Arbeit an sich selbst" hinarbeiten kann. Durch Disziplin in der Lebensführung, durch das Sorgen für ein stressfreies erfülltes Dasein, durch gute Sorge für die eigene Ernährung, durch tägliches Wandern in der freien Natur, und sei es nur für eine halbe Stunde, und dann natürlich durch Meditation.
Meditation beruhigt den Geist. Und der Geist - das ist Jahrtausende altes Wissen - ist schon von Natur aus "unruhig" oder tendiert dazu. Um diese Erfahrung zu machen muss man also nicht erst im schul-psychiatrischen Sinne "krank" werden, in eine Krankheit oder "Störung" verfallen in denen die angeborene Tendenz zur Unruhe des Geistes sich quasi gefährlich verselbständigt und Überhand genommen hat.
Von daher könnte es, und ich spreche nur für mich, durchaus sein: Hätte ich schon in jungen Jahren schon eine tägliche Meditationspraxis eingeübt - vielleicht wäre mir sehr viel an Leid mit der späteren Diagnose BPS erspart geblieben. Wahrscheinlich sogar! Ich erinnere mich freilich noch sehr genau, wie in jungen Jahren ein Freund mich ans Meditieren heranführen wollte... ich hielt das "Sitzen" aber einfach nicht aus, weil ich dann immer plötzlich die "Gedanken-Autobahn" im Kopf wahrgenommen habe, was schier nicht zum Aushalten schien... Womit wir wieder beim Thema "Disziplin" sind...
Soviel für heute. Du magst also für dich selbst herausfinden, in welchem Gemütszustand Du Dich AM WOHLSTEN fühlst. Mache Dir nicht zu viele Sorgen über die Frage der "wahren Authentizität".
LG Sputnik