Hallo Elima und hallo Kassandra !
Eigentlich stellt man sich in diesem Forum ja erst vor, aber ich konnte mich - nach 2 Jahren des Mitlesens - erst jetzt dazu entschliessen, mich hier registrieren zu lassen... um doch mal den Mund aufzumachen.... Zur Zeit gibt es hier mehrere Bäume von "Verlassenen" Partnern / Partnerinnen....und dazu gehöre ich gewissermassen auch. Es ist schwierig, die ganze ,sehr lange, komplexe Geschichte hier mit einigen Sätzen wiederzugeben... aber ich versuch es mal in Kürze:
Lernte meinen Freund vor ca 7 Jahren kennen. In der ersten Zeit des Näherkennenlernens sagte er mir, dass er zeitweise unter Depressionen gelitten hätte, und dass diese wohl auch eine Rolle für das Scheitern seiner Ehe gespielt hätten. (Die Frau war ca 2,5 Jahre zuvor aus der Wohnung ausgezogen) Ich will nicht sagen, dass er mich vor einer Beziehung mit ihm warnte.... aber er hat mehr oder weniger deutlich mitgeteilt, dass ich mich darauf einstellen sollte, dass er für die Zukunft nicht ausschliessen kann, wieder depressive Phasen zu haben und ich sollte besser wissen, worauf ich mich mit ihm einliesse. Es war für mich kein Grund, mich nicht auf ihn einzulassen. Zum einen war ich der festen Überzeugung, dass es bei uns dauerhaft passt, und ich mit "schlechten Zeiten" ja auch in einer Beziehung mit einem psychisch nicht belasteten Mann rechnen muss, und ausserdem hatte ich zuvor schon im familiären und freundschaftlichen Umfeld langjährige Erfahrungen mit Depressiven gehabt und mir zugetraut, auch längere "Durststecken" mit meinem Freund durchzumachen. ....
Nach ca 3 Jahren Beziehung (wir wohnten immer getrennt, bzw. nur am Wochenende zusammen) fing es dann an, dass mein Freund sich mehr und mehr zurückzog und immer abweisender, verschlossener, und "passiv-aggressiv" wurde. Ich habe mir gesagt, dass das jetzt halt die "angekündigte" depressive Phase ist, und bin ihm immer positiv zugewandt begegnet, habe nichts gefordert und keine Vorwürfe gemacht... mich also so verhalten, wie es Depressionsratgeber Angehhörigen von depressiv Erkrankten empfehlen. Gespräche wollte er nicht führen, ich habe mich auch mit Themen, wo ich von einem gesunden Partner auf jeden Fall Auseinandersetzung und Klarheit gefordert hätte, abweisen lassen, immer im Gedanken, dass ich während einer Depression eigentlich nichts von ihm erwarten soll / fordern kann. Das hat mich extrem viel Kraft gekostet, da ich in diesem Jahr mit sehr vielen eigenen Problemen und Belastungen konfrontiert war, und mir mein Freund leider überhaupt keine Hilfe oder Unterstützung sein konnte / wollte ? Besonders schlimm war, dass ich von anderen Menschen auch nicht offen Hilfe erfragen konnte, da ich jedesmal in die Konfrontation kam, dass man sich wunderte, warum er mir denn nicht hilft... und "outen" wollte und durfte ich ihn nicht. . Mein Frustlevel hatte sich dann sehr angehoben, ich bin aber weiterhin ihm gegenüber entgegenkommend und ohne Ansprüche "einzuklagen" aufgetreten. Reden wolllte und wollte er nicht, er hat sich ca 90 Prozent der Zeit, die wir "zusammen" verbracht haben, vor den Computer gesetzt oder schlafen gelegt.
Diese Phase hat ca 14 -16 Monate angehalten.....und plötzlich schienen sich die Sachen wieder zu bessern. Mein Freund hat den Vorschlag, später im Jahr gemeinsam in Urlaub zu fahren, freudig angenommen und es schien wirklich so, als ob dieser "dunkle Vorhang" weggezogen worden wäre. Ich habe mich sehr gefreut, dass es besser zu werden schien und diese lange Durststrecke jetzt zu Ende zu sein schien... ABER ....,,dann fing es erst richtig an. Sein Verhalten mir gegenüber wurde jetzt "aktiv" gemein, herabsetzend, dann schien er wieder zu "leiden", wurde weinerlich, suchte Nähe, und dann sagte er mir eines Tages, beim Reinkommen sozusagen: "Hallo, Ich muss Dir ja mal sagen, warum ich sooooooooo unglücklich bin, ich bin ja sooooo verliebt und habe in Zukunft keine Zeit mehr für Dich. " Tja... und dann überliess er mich mir selbst. Nach einer Woche kam eine e-mail, dass die Frau, der er schon seit einiger Zeit zugetan war, ihn nicht haben wollte... und ich solle mich nicht grämen, dass er jetzt engumschlungen mit einer anderen durch den Park spaziert.
Ich kann ja hier nicht alle Details ausbreiten - falls bis hierhin überhaupt noch jemand mitgelesen hat - jedenfalls war ich so und so verletzt und es war für mich eigentlich relativ egal, ob sie ihn will oder nicht. Dass er mich nicht mehr wollte, und ich ihm auch nicht als Notnagel dienen wollte, war mir klar.
Auf jeden Fall kam es plötzlich von seiner Seite aus zu vielen Eröffnungen... die mir zeigten, dass er mich die ganze Zeit, wo ich ihn für " schonbedürftig" gehalten hatte, belogen hatte....Er wollte mit mir jetzt ganz viele Gespräche führen. Er meinte, er sei halt depressiv gewesen und dass er sich so verliebt hätte, hätte wohl was damit zu tun gehabt, dass er nach dem Ende seiner Depression sich vielleicht irgendwie belohnen wollte / euphorisch war / sein wollte.. was weiss ich. Gleichzeitig hat er mir eröffnet, dass er mehr oder weniger wirtschaftlich ruiniert ist, er hatte JAHRELANG... die Post nicht gelesen (vom Briefkasten in Tüten gepackt) und auch gar nicht mitbekommen, dass man eine Lohnpfändung auf sein Konto durchgesetzt hatte. Er hatte darum nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Personen, sich immer wieder mittlere Geldbeträge "geliehen"... Er hatte sich dann irgendwann über eine Pastorin seines Stadteils an einen Psychiater / Psychologen verweisen lassen, der ihm eine Dysthymie (langanhaltende depressive Verstimmung) bescheinigt hatte, mit diesem Zettel wollte er sich beim Finanzamt eine harte Behandlung ersparen, da er keine Steuern bezahlt hatte... und und und. ich wusste dann nicht mehr, was ich jetzt überhaupt noch denken oder glauben sollte. Zumal ich wirklich nicht mehr wusste, ob wir noch ein Paar sind oder nicht, ob es verzeihlich ist oder nicht. Sicherlich haben mich seine Eröffnungen absolut bestürzt...und ich war vom Herzen her eher bereit zu verzeihen, obwohl ich entsetzt war, dass er mich dauerhaft belogen hatte.. aber gut, er ist ein extrem stolzer und empfindlicher Mensch, der nicht die Größe hat, Schwächen zu zeigen, und ich konnte nachvollziehen, dass er sich selbst, auch ob der Unbegreiflichkeit (4 Jahre nicht in die Post gucken.. ?!) fürchterlich schämte..
Als dann jedenfalls nach einer gewissen Zeit, in der wir uns nicht persönlich gesehen hatten, sonder nur mail und telefonkontakt hatte, ein Treffen für ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht, habe ich ihn wieder als aggressiv wahrgenommen, immerhin hat er mir einige Fragen beantwortet. Als Wochen später wieder ein Gespräch war, hat er sich so unsäglich mies und aggressiv, vorwurfsvoll benommen, monologisiert ohne Punkt und Komma, ohne Zusammenhang geschweige denn Logik rumgebrüllt, und mich - sollte ja ein Gespräch = DIALOG werden.. - niedergebrüllt, als ich einmal das Wort ergriffen hatte, dass ich nur noch auf meinem Stuhl gekauert habe... und Angst um mich hatte. Ich war froh, als er ging.... und das war für mich das Ende
Erklären konnte ich mir das alles nicht.
Ich hatte keine Ahnung von der bipolaren (mir gefällt das alte Wort manisch-depressiv besser) Störung. Erst einige Wochen/ Monate nach dem Ende habe ich in einer Talkshow indirekt von diesem Krankheitsbild gehört.. und bin nach Recherchen dann auch hier gelandet. Habe auf einmal eine Erklärung gehabt für all das Unerklärliche.... dachte, dass mit diesem Wissen bzw. für ihn wohl eher diesem Eingeständnis, dass er kein "normaler" Depressiver ist.. sondern ein Bipolarer, doch noch eine Chance für uns bestehen könnte. Den Link zu diesem Forum hatte ich ihm geschickt, aber ... keine Ahnung, ob er jemals hier gelesen hat, oder -wie wohl bei vorigen Phasen - den Mantel des Verdrängens darüber gedeckt hat.
Kann letztlich nur sagen. Hätte ich dieses Forum vorher gehabt, und hätte ich mehr über diese Krankheit gewusst, hätte ich doch noch mehr probiert. Hatte später - als ich mir schon einiges hier angelesen hatte - zeitweise sogar Gewissensbisse, ihn "allein" gelassen zu haben, obwohl ich andererseits einfach nicht mehr konnte. Jetzt sind 2 Jahre vergangen... und ich habe diese Geschichte immer noch nicht wirklich abgeschlossen.
Ich glaube, für die, die Ähnliches erlebt haben oder gerade erleben, ist das Wichtigste ein Stück Distanz zur Situation und zum Partner zu wahren, damit einem nicht die Seele zertrampelt wird. Allerdings glaube ich nicht, dass eine Partnerschaft eine Chance hat, wenn der bipolare Partner dauerhaft keinerlei Einsicht zeigt.
Zu meinem damaligen Freund habe ich keinen direkten Kontakt mehr. Eine kleine mail, die ich ca 1,5 Jahre nach der Trennung schrieb, blieb unbeantwortet.
Bis hierher erstmal !
Gruß
Elchfriede
w, 42, NRW