ich bin neu in diesem Forum und klinke mich mal bei diesem Beitrag ein, weil ich im moment praktisch das gleiche mit meinem Ehemann durchlebe.
Zu kassandras letzter Frage: ja - die Frauenkontakte können/werden zu dem Krankheitsbild gehören (Eifersuchtswahn/Othello Syndrom).
Mein Mann und ich sind seit fast 30 Jahren zusammen (haben uns schon während der Schulzeit kennengelernt), seit 22 Jahren verheiratet und ein echtes dream team. Er ist seit Mitte der 90er Jahre in Behandlung wegen Depressionen und im Frühjahr diesen Jahres wurde die Diagnose "Bipolar" gestellt, nachdem er unverkennbar eine absolut manische Phase hatte. Rückblickend muss ich sagen, dass er schon länger auf dem Weg dahin war, aber uns ging es so wie vielen: hypomanische Phasen zwischen den Depressionen empfanden wir als Erleichterung und nicht als Krankheitssymptom in die andere Richtung und in den kurzen Gesprächen beim Nervenarzt blieb die Tendenz leider viel zu lange verborgen...
Zu den Medikamenten (für mich erstaunlich viele!?), die er bis zum Jahreswechsel 08/09 bekam, erhielt er nun zusätzlich Lithium.
Das Fatale für mich bzw. unsere Beziehung war das urplötzliche (!) Auftreten eines Phänomens, das damals noch keinen Namen hatte. Er konfrontierte mich mit völlig unhaltbaren Vorwürfen der Untreue, sammelte "Beweise"....das
ganze typische Verhalten während des sog. Eifersuchtswahnes (Othello Syndrom).
Er gestand mir irgendwann im März, dass er schon im Herbst zuvor die Medis abgesetzt hatte, dafür hatte er wohl abends relativ viel Alkohol getrunken und sich mit Tavor über Wasser gehalten. Ich schaffte es, ihn zu einem Arztbesuch zu überreden und der verschrieb ihm Lithium.
Ende Mai brach er mit dem Motorrad zu einer Veranstaltung im Ausland auf; er hatte die Reise gewohnt akribisch geplant, wirkte nicht eingeschränkt in seinen kognitiven Fährigkeiten, tendierte aber doch wieder stärker weg von der Manie (undeutlichem Sprechen, unüberlegten Kaufentscheidungen, wenig Schlaf....) hin zu einer eher depressiven Phase. Geplant war eine Tour von maximal vier Wochen. Wir verstanden uns gut vor seiner Abreise.
Er absolvierte die Tour dann auch nach Plan - nur, dass er nicht zurückkehrte, wie vorgesehen...
Mittlerweile tourt er quer durch Europa. Er meldet sich vorzugsweise bei unserem Sohn, wenn er etwas braucht,
das wir ihm dann nachschicken. Was mich angeht, so ist er wieder oder noch (?) voll in dem Wahn, ihn hätte ihn
quasi pausenlos und mit jedem nur verfügbaren Typen betrogen; er könne sich mit mir nirgends mehr sehen lassen...
Wir haben ihm Medikamente nachgesandt und ihn gebeten, sie regelmässig zu nehmen. Daneben versuchen wir, ihn dazu zu bewegen, heimzukommen und sich schnellstmöglich in eine KLinik zu begeben.
Die Fähigkeit zur Einsicht lässt auf sich warten...
Ich bin total verzweifelt. Wir waren immer füreinander da. Ich habe gelernt, mit den Depressionen zu leben und kein Problem damit. Immerhin war ich immer seine Hauptbezugsperson und ich hatte ein schönes Leben an seiner Seite - bis mir durch diesen Eifersuchtswahn mein Leben praktisch um die Ohren geflogen ist!
Gottseidank hab ich hier im Forum bei einem meiner ersten Besuche einen Satz einer Frau gelesen, die schrieb,
man solle nicht anfangen zu versuchen, an der Beziehung zu arbeiten - man müsse an der Krankheit arbeiten und sie behandeln. Nur das kann zum Erfolg führen....
Ich hab also durchgeatmet und mich daran gemacht, herauszufinden, woran genau er leidet. Leider war von unserem Nervenarzt da so garnichts zu erfahren. Das Internet und etliche Bücher haben mir einen Überblick über die bipolare Störung und mögliche Symptome wie den besagten Eifersuchtswahn, das Othello-Syndrom, verschafft.
Ich fühlte mit mit der Situation total überfordert und schrieb einen ausführlichen Brief an seinen behandelnden Arzt und rief ihn an. Er versprach, ihn zu lesen und sich dann mit mir kurzzuschliessen. Nach drei, vier weiteren Anrufen in der Praxis erreichte ich den Arzt endlich persönlich. Er hatte den Brief seit 14 Tagen auf dem Schreibtisch und ihn noch nicht gelesen (angeblich überflogen)....Ich hoffte auf allgemeine Hinweise, was ich in meiner Situation tun könnte, falls es mir gelänge, meinen Mann zur Heimkehr zu bewegen und hoffentlich zu einer Behandlung in einer (welcher?) Klinik....
Alles, was ich erfuhr, war, dass ich im Moment nichts tun kann, solange er im Ausland nicht auffällig wird. Das war mir klar. Darum ging es mir auch nicht.
Dann wurde mir gesagt, ich könne warten, bis er heimkäme und dann bei Fremd- oder Eigengefährdung mit Hilfe der Polizei die Zwangseinweisung einleiten. Das ist das allerletzte, das ich ihm antun möchte.
Von dem Wahnsyndrom an sich schien der Arzt keinen wirklichen Plan zu haben - oder er misstraute mir. Keine
Ahnung. Jedenfalls war die Information absolut enttäuschend.
Auf meine Frage, ob es sich um eine Absetzpsychose handeln könnte, kam ein Achselzucken...
Auf meine Frage, ob das unerwünschte Wechselwirkungen seiner Medis sein könnten: "Nein"....(hab ich nicht anders erwartet)
Der einzige "Rat": ich solle ihm das Konto sperren und ihn so zur Heimkehr zwingen....
Ich kenne meinen Mann und weiss, wie schlecht er mit Stress umgehen kann. Und im Ausland ohne Geld dazustehen, ist Stress. Ich werde einen Teufel tun und ihm das Konto sperren....
Sowas wäre für mich auch ein Vertrauensbruch, der weit über das hinausgeht, was ein Krankheitssymptom
wie der Eifersuchtswahn rechtfertigen würde.
Ich liebe meinen Mann über alles und ich will ihn nicht an ein Wahnsyndrom verlieren. Ich brauch dringend kompetente Ansprechpartner und Anlaufstellen.
Ich will ihn nicht durch eine Zwangseinweisung ins soziale und gesellschaftliche (sowie berufliche!) Aus
katapultieren. Ich hoffe darauf, dass mein Sohn und ich ihn zu einer vernünftigen Behandlung überreden können...
Bis dato (nach wohlgemerkt über zehn Jahren) steht noch nichtmal eine vernünftige Diagnose, was denn der Auslöser sein könnte. Erst auf mein dauerndes Drängen wurde die Schilddrüse untersucht (angeblich unauffällig, aber Kropfbildung..?), dauernd erhöhter Blutdruck, erhöhte Cholesterinwerte...Meine Hinweise, auf mehrere Unfälle jeweils mit Schleudertraumata, einen anaphylaktischen Schock nach Glutamat im Kantinenessen....etc....verhallten bis dato ungehört. Kein Computertomogramm, kein EEC, kein garnichts.....Nichts, ausser einem halben Dutzend Medikamenten und drei abgebrochenen Versuchen einer Gesprächstherapie, die jedesmal die Situation noch verschlimmert hatte...
Zuerst dachte ich, ich mische mich zuviel ein....Mittlerweile weiss ich, dass ich mich selber zum Experten seiner Erkrankung machen muss, mehr noch als bisher, und mich nicht mehr abwimmeln lassen darf sondern mich durchsetzen muss - für ihn, wenn er es nicht mehr kann.
Zuerst dachte ich, der Arzt hätte vielleicht Recht, wenn er warnte, ich solle meinem Mann nicht alle Probleme aus dem Weg räumen. Mittlerweile weiss ich, dass ich weiter auf meine innere Stimme hören und genau das tun werde. Keiner kennt ihn annähernd so gut wie ich und ich weiss genau, was er in der jeweiligen Situation verkraften kann und was nicht....
Nur in einem hat der Arzt Recht: ich muss zusehen, dass ich nicht mit vor die Hunde gehe, weil er mich (hoffentlich!!!) noch bzw. wieder an seiner Seite brauchen wird. Deswegen hab ich vor ein paar Tagen angefangen, Projekte, die ich angefangen hatte, weiter voranzutreiben und mich nicht nur mehr von früh bis spät mit der bipolaren Störung auseinanderzusetzen.
Ich will meinen Mann zurück und ich werde einen Teufel tun und die Waffen vor einem Wahn zu strecken.
Aber ich brauche Hilfe! Und ich bin nicht davon überzeugt, dass wir bisher in den optimalen Händen sind, was eine adäquate Behandlung angeht...
Sorry, dass das so lang geworden ist, aber ich hab mich durch den Beitrag von kassandra so berührt gefühlt. Irgendwie machen wir beide grad mehr oder weniger das gleiche durch....
liebe Grüsse,
U.