Hallo soulvision
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soulvision
Dabei finde ich wichtig, im Feedback beim Thema zu bleiben, Das ist nicht immer so ganz einfach. Ich muss mich konzentrieren, zentrieren, begrenzen, einen Rahmen setzen.
Das stimmt, auch der Feedbackgebende hat natürlich seine eigenen Hintergründe oder Herausforderungen. Ist es gerade sehr hecktisch, stehe ich im Streß, dann ist das konzentrieren und Rahmen setzen nicht so einfach. Bin ich selber emotional sehr betroffen, ist das zentrieren und begrenzen, sachlich bleiben schwieriger.
Habe ich vielleicht schon viel Toleranz gegenüber einer Person gezeigt, dabei aber immer wieder Ärger heruntergeschluckt, kann es passieren, dass an einem Punkt das ganze einfach raus muss und es kommt dann vielleicht zu unglücklichen Formulierungen und vielleicht härter, als man es beabsichtigt.
Alles menschlich. Solange man sich das irgendwann selbst bewusst macht. Mir gelingt sachliches, themenbezogenes Feedback auch leichter, wenn ich emotional nicht so dicht dran bin.
Ich habe mal in einer Fortbildung eine Übung durchlaufen, wo man jeweils immer das Gesagte vom anderen aufnimmt und mit seinen Worten wieder gibt, was man verstanden hat ("ich habe verstanden, das Dir dieses oder jenes wichtig ist...") und dann mit dem Wort "gleichzeitig", seine Gedanken dazu gegenüberstellt. Das hat viel Druck rausgenommen. Jedoch ist so eine Gesprächsführung im Alltäglichen eher selten umzusetzen, da menschelt es dann doch eher mal.
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soulvision
Kannst du dir vorstellen, wie du deinem Umfeld dabei helfen könntest?
Gute und gleichzeitig auch schwierige Frage. Ich denke innerhalb der Situation (also wenn es gerade statt findet) ist es schwierig, da bin ich dann zu sehr in meinen Emotionen gefangen, um angemessen zu signalisieren, was ich gerade brauche.
Im Vorfeld könnte ich mit dem Umfeld klären, wie es für mich in solchen Situationen am günstigsten wäre.
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soulvision
Da beschreibst du auch für mich eine Crux.
Wir schreiben ja hier alle deutsch. Was dann subtil beim Einzelnen mitschwingt, sowohl als Sender (Schreiber) als auch als Empfänger (Leser), hängt von den individuellen Erfahrungen und deren Reflexion ab. Manche Erfahrungen können so schwer sein, dass sie einer Reflexion nur schwer zugänglich sind und bei Kommunikationen oft unbewusst querschießen.
Ja, einerseits mit welchen seiner "vier" Ohren man hört, auf der Grundlage seiner Erfahrungen, aber ich denke wenn ich in meinem depressiven Zustand völlig versinke, dann habe ich kaum, bis gar keinen Zugriff auf die Erfahrung außerhalb der Depression. Für mich ist dann das was ich gerade wahrnehme, erfahre und erlebe die Realität. Für mich ist die andere Realität, die mein Umfeld mir ggf. klar machen möchte, nicht präsent.
Und obwohl ich weiß, wie das bei mir ist, ist es schwierig, wenn ich in Interaktion mit einem Menschen bin, der anscheinend auch eine gänzlich andere Wahrnehmung hat, als ich gerade, die vielleicht gerade nicht in tiefen depressiven Zustand ist. Zwei verschiedene Wahrnehmungen, wo finden sie eine Entsprechung? Wie finden sie zueinander? Müssen sie überhaupt zueinander finden? Worauf kann man sich einigen?
Mein theoretischer Ansatz ist, das wir von Geburt an lernen, das was ich sehe, höre, rieche, schmecke, fühle, ist wahrhaftig. Daraus baut sich meine Sicht der Welt. Wenn ich morgens aufwache, bin ich überzeugt, dass das was ich spüre, die Realität ist, das ist für die aller meisten Menschen ein Selbstverständnis und vor allen Dingen, verorte ich mich in dieser Realität und daraus baut sich dann meine Identität. Wenn mir dieses Selbstverständnis abgesprochen wird, ist es vielleicht auch ein Angriff auf meine Identität und den Kern meiner Selbst, die es aber zu schützen gilt. Deshalb ist es ggf. wichtiger, das abzuwehren, um diesen Kern zu schützen, als zuzugeben, dass, meine Wahrnehmung wohlmöglich nicht stimmt. Vor allen wenn man für sich noch keine Alternative gefunden hat.
Die andere Frage, ob der Ausstieg aus der Kommunikation, die ja das gegenseitige Verstehen beinhaltet, ebenfalls ein Schutzmechanismus ist, weil dann muss ich mich nicht mit den Dingen auseinnder setzen.
Aber das ist, wie gesagt nur meine Theorie und hat keinen Anspruch auf allgemeine Wahrheit.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).