Hallo A.,
Ich hatte gestern schon den folgenden Gedanken dazu: Ich denke ,dass wenn man die ES frühzeitig behandelt, dann kann man noch davon los kommen. Ich habe schon von vielen Leuten gehört, die in ihren Teenager Jahren eine ES hatten und nach Therapie dauerhaft erfolgreich davon los gekommen sind.
Bei mir ging es im Alter von 15 Jahren los, ich lebte damit alleine und unbehandelt bis zu meinem 33. Lebensjahr, das sind 18 lange Jahre. Ich denke, da ist Hilfe viel zu spät. Die stationäre Therapie, die ich dann mit 33 hatte (ich war 12 Wochen da), hat schon ein Stück weit geholfen. Ich lernte ein normales Eßverhalten und die Hintergründe wurden betrachtet. Seitdem hat sich schon einiges verändert aber ich denke schon, dass ich damit mein ganzes restliches Leben zu tun haben werde.
Zu deinen Punkten:
Die ES wird als mögliche Komorbidität bei bipolaren Störungen gelistet. Und ja, um so sensibler ein Mensch ist, desto mehr ist er vielleicht anfällig für eine ES. Dann liegt es natürlich oft an dem gesellschaftlichem Zwang und was von anderen von dir erwartet wird (meine Mutter wollte mich immer schlank, dazu später).
Und eine ES ist für mich definitiv eine Sucht! Deswegen hat man es ja lebenslänglich wenn es nicht in jungen Jahren bekämpft wird.
Jetzt gehe ich mal darauf ein, was Feardrop im anderen Baum geschrieben hat. Ich hatte gesagt, dass ich viele Ansätze probiere und "nichts hilft". Darauf hin Feardrop:
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Aber allein die Aussagen"nichts hilft" und den Glauben den du der Aussage deiner Ärztin schenkst zeigt finde ich dass du selbst nicht an dich glaubst und das wäre die wichtigste Voraussetzung zu heilen und von der Essstörung wegzukommen denke ich. Nur so geht es weiter. Und es dauert lange mit vielen immer wiederkehrenden schwachen Phasen Versuche, den Glauben an dich und deine Stärke, die Krankheit anzunehmen wiederzufinden und dich von ihr aber nicht bestimmen zu lassen.
Wie oben erwähnt, eine Eßstörung ist eine Sucht. Und süchtig bleibt man immer, deswegen macht die Aussage meiner Ärztin für mich einen 100%igen Sinn. Ich kann freie Intervalle haben aber die Sucht begleitet mich mein ganzes Leben. Ich hatte ja auch ein Alkoholproblem in meinen Teenager Tagen und 20ern bis Anfang 30. Mittlerweile trinke ich Null Alkohol. Ich sage immer, dass vom Alk weg bleiben für mich viel einfacher ist als von der ES wegzukommen. Wenn man Alkohol komplett verbannt, dann wird man logischerweise nicht so schnell rückfällig. Aber leider muss ich jeden Tag essen. Das sehe ich als großes Problem! Ich bin jeden verdammten Tag mit meinem Suchtstoff konfrontiert und muss diesen täglich konsumieren! Ich sag immer, vom Alk weg bleiben ist für mich dagegen Pipifax.
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Dann probiere in dich zu horchen was hinter der Essstörung steht. Bei mir ist es zB die Angst abgelehnt zu werden und nicht perfekt zu sein. Makel zu haben die andere über mich stolpern lassen. Und dann setze dich genau mit dieser Angst auseinander. Lass sie zu. Fühle sie. Und setze ihr Grenzen über dein leben zu bestimmen wenn du das nicht mehr willst.
Klar, das steckt bei mir auch dahinter. Ich frage mich gerade, steckt das nicht bei so ziemlich jedem dahinter?
Ich habe eine narzisstische Mutter, die immer wollte, dass ihre Tochter hübsch und schlank ist. Sie gab mir das Gefühl, dass ich nicht liebenswert bin, wenn ich zu dick bin. Mein Bruder ist auch ein Schlankheitsfanatiker, auch da hatte ich immer das Gefühl, er liebt mich nur wenn ich schlank bin. Auch mein Vater mustert mich heute noch von unten bis oben. Ach ja und mein Stiefvater war sein ganzes Leben eine Sportskanone und immer sehr schlank. Ich hatte also das Pech als Teenager vier Leuten ausgesetzt zu sein, die der Meinung waren, das ich zu dick bin. Rückblickend war ich das nichtmal. Ich hatte als später Teenager bis hin zum 18. Lebensjahr immer 72kg bei einer Größe von 1,75.
Wollen wir kurz sagen welche ES wir denn haben?
Ich bin damals in der Klinik mit Bulimie diagnostiziert worden, was mich erstaunte, da ich nie gebrochen habe. Aber mir wurde die folgende Definition gegeben:
"Wiederkehrende Freßanfälle, wobei gegensteuernde Maßnahmen betrieben werden, um eine Gewichtszunahme zu verhindern. Diese können sein: Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln, extremer Sport und fasten."
Bei mir war es teils extrem viel Sport, sowie fasten. Es lief nach dem Muster ab heute Freßanfall, morgen nur Obst essen und wenn's geht auch am 2. Tag nur Obst essen.
Bzw. und/oder sehr lange Freßphasen mit Gewichtszunahme, dann lange Diätphase und das ganze wieder abgenommen.
Das ganze kann man auch atypische Bulimie nennen oder Bulimie, Typ Non Purging.
Ich denke heute hat es sich eher in den Binge Eating Typus der ES entwickelt.
Mein ganzes Erwachsenenleben lief/läuft so ab: Ich nehme 15k ab, laufe mit diesem Gewicht 2-3 Jahre glücklich rum. Dann nehme ich ich die 15kg wieder zu und laufe mit diesem Gewicht 2-3 Jahre unglücklich rum. Dann nehme ich die 15kg wieder ab....ein ewiger Kreislauf. Ich habe seit 25 Jahren Kleidergrößen im Wechsel zwischen 38 und 46. Die 38 habe ich allerdings schon länger nicht mehr gehabt, es pendelt jetzt zwischen 40-46. Zur Zeit bin ich mein mittleres ICH bei Kleidergröße 42/44.
Momentan versuche ich es mit den folgenden Ansätzen: Selbstakzeptanz, Selbstliebe, Verständnis für mich. Z.B. hasse ich meinen Körper nicht mehr so extrem wie noch vor 10 Jahren. Ich habe akzeptiert, dass ich nie wieder eine Kleidergröße von 38 mehr haben muss. Ich will derzeit eigentlich nur popelige 5kg abnehmen, schaffe dies einfach nicht, weil mich immer wieder Freßattacken heim suchen. Seit einigen Monaten halte ich mühsam mein Gewicht, unter großen Anstrengungen. Bin wieder in das Muster Freßattacken und Fastentage gerutscht. So nehme ich zumindest nicht zu.
Es ist halt schwierig. Ich habe derzeit Utra Rapid Cycling und abendliche / nächtliche Panikattacken, die mich noch mindestens 2-3x die Woche heimsuchen. Eine zeitlang war es täglich!
Es ist daher sehr schwierig. Ich tendiere zu Freßattacken wenn ich depressiv bin und wenn ich Stress habe. Ich habe durch das URC immensen Stress und ich habe meine depressiven Tage. Letztens hatte ich sogar an einem extremen Hypo Tag heftige Essattacken weil ich einen extremen Hunger verspürte, sowie eine immense Unruhe.
Da rauszukommen sehe ich im Moment als schwierig bis unmöglich.
Wenn ich wie gestern nur Naschanfälle habe, bin ich schon zufrieden. Ich unterscheide zwischen Naschanfall wegen Stress oder Traurigkeit und dem totalen "nur noch runter schlingen". Und wenn ich gestern keinen "alles runter schlingen, den Magen stopfen und stopfen" Tag hatte, werte ich das mittlerweile schon als Erfolg. Ich probiere auch den Ansatz mich zu ehren. Also meinen Körper zu ehren und den Wunsch, besser auf ihn aufzupassen. Z.B. den Magen zu entlasten, der hat einfach zu viel zu tun. ;) Und ich will ihm mehr Ruhe gönnen.
Das sind erstmal die Gedanken, die mir zu dem Thema einfallen. Bin auf eure Beiträge gespannt.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 20.08.17 11:46.