Liebe Kinswomen,
auch meine Erfahrung mit der BS sagt, jeder Betroffene hat seine ganz persönliche Ausprägung dieser Störung mit so vielen Gesichtern zu (er)tragen, Ärzte können helfen oder behindern, menschlich mitfühlen oder nur biologisch heran gehen, gar keine Wirkung hervorrufen und ganz viel dazwischen.
Ich bin unmittelbar nach der 1. Klinikbehandlung mit vielen AD’s in eine kurze kleine Hypo gezwitscht. Dann war klar, es handelt sich um eine BS. Alle AD’s wurden sofort abgesetzt. Der Arzt versuchte vergeblich, mir Lithium schmackhaft zu machen ohne mich tatsächlich aufzuklären.
Ich habe von da an gut 1 Jahrzehnt alle Medis verweigert.
Sofort Arbeit weg – selbst gekündigt nach traumatischer, stigmatisierender Beschämung -, mein Fernstudium (trotz „Beststudent“, Leistungsstärke usw.) kurz vor dem Ende abzuschließen wurde mir unmöglich gemacht. => geext wegen fehlendem deligierenden Betriebes.
Meine Mama, auch so ein „Muttertier“ wie du und auch ich, ging angesichts dieser unfassbaren Ohnmacht auf allen Ebenen kurze Zeit selbst in Depression.
Meine Brüder sagten immer wieder, du verschenkst dein Vermögen. Ja, klar - aber wie anders?
Zur Wende habe ich mir meine damals übliche Kaderakte aushändigen lassen und fiel aus allen Wolken – meine BS wurde benutzt, um mich im Betrieb loszuwerden und auch meinen weiteren Weg massiv zu behindern, entsprechend meines durchaus bekannten Vermögens unmöglich zu machen. Alle Stationen, bei denen ich mich vergeblich bewarb, waren verzeichnet und mit sarkastischen Kommentaren versehen, ebenso die Bettelbriefe meines Arztes an die „Kaderabteilung“, mir den Studienabschluss zu ermöglichen.
Ich war eine ganze Weile fassungslos.
Was nahmen diese Starsi-Schergen sich da eigentlich heraus? Unglaublich! Anmaßend wollten sie mein Lebensweg/Schicksal und das ganzer Generationen festlegen.
– Wer von denen hatte da wohl in einem nicht diagnostizierten aber anhaltendem Wahn gesteckt? –
Wie viele von denen bzw. deren Nachfolgern maßen sich noch immer an, die Geschicke dieses Landes wie eh und je im Hintergrund/aus dem Untergrund zu lenken. Ekel kommt hoch.
Die Wende 1989 brachte große Hoffnung.
Letztendlich steckte ich schon zu sehr in der Abwärtsspirale, ohne irgendwelche therapeutischen Gespräche.
Nach 6 Jahren dann Berentung und mein Einlassen aufs Lithium. Therapie, SHG, Ehrenamt und immer auch eine geringfügige Arbeit. Meine allmähliche persönliche Wende wurde eingeleitet.
2006 dann Kontakt zum BSNe, der damaligen SHG-Organisation der DGBS. Ich traf auf Leute, die wirklich was verändern wollten, nicht locker ließen, engagiert waren wie auch ich es bin. Durch die DGBS-Jahrestagungen konnte ich mir aktuelles Wissen und die Erfahrungen anderer mit der BS verschaffen und meinen persönlichen, mir wichtigen Kenntnisstand aufbauen und anwenden. Das brachte wirklich was und ein von grundauf anderer Umgang mit der BS wurde mir möglich.
Fazit:
Wie bei der Entstehung des BS auch soziale- und Umweltfaktoren, Schicksalsschläge, Traumata … eine Rolle spielen, haben diese auch einen erheblichen Einfluss beim Umgang und Verlauf der BS. Nicht alles liegt in unserer Betroffenenhand, auf vieles haben wir keinen Einfluss.
Meine Diagnose hatte ich früh, die Bedingungen damals in der DDR und meine unangepasste Aufmüpfigkeit waren nicht danach, sie für mich zu nutzen.
Psychoedukation, Mut mir ein eigenes Bild von meiner BS zu machen und vor allem das was ich für richtig halte, auch in die Tat umzusetzen, Reflexionspartner, Annahme der BS, Nutzen der Empathie, der Power wie der Ruhe der BS, Solidarität – alles zusammen macht meinen BS- Lebenscocktail aus meinem Erarbeitetem und meinen persönlichen Eigenschaften aus. Mein von meiner Familie angemahntes Vermögen nutze ich längst für mich und andere.
Ich kann dankbar für die inzwischen kleinen Amplituden der up und downs sein. Was wäre es ohne sie für ein langweiliges Dahinplätschern. ;)
Aufmunternde Grüße
S.
Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.
aus Afrika