Heike schrieb:
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> Hallo Mathias,
>
> die meisten ForumsteilnehmerInnen kennen diese
> Phase, wenn dort eine Diagnose steht, wo jemand
> befürchtet, nun erst Recht von der Allgemeinheit
> stigmatisiert zu werden, sie deshalb in Frage zu
> stellen. Es ist ja auch legitim, etwas in Frage zu
> stellen und sich weiter fachliche Meinungen
> einzuholen.
>
> Aber würde ein Matthias sie glauben, wenn ein
> zweiter oder dritter Facharzt die erste Diagnose
> bestätigen würde? Nach meinem empfinden wirst du
> dich weiterhin sträuben, denn du hast in der
> jetzigen Antwort dir bereits einen "Ausweg" offen
> gelassen:
>
>
Quote
Matthias
> Zu den Fachmännern... Es gibt nun
> einmal keine Tests, die eindeutig belegen können,
> ob jemand eine BS hat oder nicht. Alles was der
> Arzt kann, ist zuhören, und schlussfolgern. Die
> Fragen, die ich in meinem Beitrag gestellt habe,
> konnten keine 28 Bücher und auch nicht der
> erfahrene Psychologe beantworten.
>
>
> Nicht nur das, selbst wenn dir hier bipolar
> erfahrene Menschen schreiben würden, dass deine
> Schilderungen sich eben nicht "normal" anhören,
> würdest du immer mit dem obigen Absatz kommen,
> dass es ja noch keinen eindeutigen Nachweis gibt,
> eben nur "zuhören" und dann "vermuten".
>
> Nun könnten wir sogar philosophisch werden und
> zunächst erst Mal fragen, was ist "Normal" und
> gibt es für dieses "Normal" eine eindeutige
> Messmethode? Und dann kommt man vielleicht darauf,
> dass "Normal" doch immer interpretationssache ist,
> eine 100 prozentige Objektivität nicht gibt. Aber
> wenn das so ist, so könnte man weiter anführen,
> wer misst dann, was eben nicht "Normal" und
> deshalb Korrekturbedürftig/Behandlungsbedürftig
> ist?
>
> Wir kommen mit dieser Art der Herangehensweise
> also nicht weiter. Ich für mich mache das an
> meinem eigenem Leben fest und stelle mir die
> Frage: "Kann ich mit meinen eigenen Bordmitteln
> ein Leben mit größtmöglicher Lebensqualität
> leben?" Leider konnte ich das mit meiner eigenen
> "Normalität" nicht, denn ich zog mich zurück,
> verlor immer mehr den Anschluß an die
> Gemeinschaft, verlor meinen Beruf, kam in
> finanziellen Nöten durch meine ständigen
> depressiven Phasen, ich verlor den Lebenssinn bis
> hin zur Suizidalität.
>
> Also wurde mir klar, dass ich Hilfe brauchte und
> wendete mich an Fachleute. Aber erst als ich meine
> eigene Selbststigmatisierung aufgab, die ja
> ähnlich der Allgemeinheit dachte: "psychische
> Störung ist was ganz schlimmes und wird mich aus
> der Gemeinschaft ausschließen", veränderte sich
> richtig etwas in meinem Leben.
>
> Nein, ich bin kein Wesen vom anderen Stern, wo vor
> andere Menschen sich abwenden müssen. Ja es liegt
> im menschenmöglichen dass Menschen stärker
> schwingen und dünnhäutiger sind, als Andere. Und
> wenn ich dafür Hilfe in Anspruch nehmen muss,
> damit ich ausgeglichener leben kann, wieder ein
> soziales Netzwerk aufbauen, eine Teilhabe an der
> Gemeinschaft und ggf. auch wieder einer Aufgabe
> nachgehen kann, dann ist das nichts Schlimmes.
>
> Ich bin nicht meine psychische Störung und doch
> gehört es als Teilaspekt zu meinem Leben. Ich
> nehme es an, lerne damit umzugehen und dies hilft
> mir, wieder ein erfülltes Leben leben zu
> können.
>
> Dein Winden hängt nach meiner Meinung ganz stark
> auch damit zusammen, was du selbst für ein Bild
> über psychische Störung hast und ob du selbst
> "stigmatisierend" denkst und somit für dich eine
> Diagnose in diese Richtung das "Ende" bedeutet.
> Für viele hier im Forum war es eher der Anfang
> von einer neuen Lebensqualität.
>
> Und für viele junge Menschen bedeutete es auch,
> dass, sofern die richtige und passende Hilfe
> gefunden war, vieles im Leben wieder möglich war,
> was ihnen vorher durch die Stimmungsschwankungen
> immer wieder zerstört wurde. Wichtig finde ich,
> dass ich mich nicht mit der Krankheit
> identifiziert, nach dem Motto "ich
bin
> Bipolar/Borderline/Schizophren/Depression" und
> deshalb als ganze Person "krank".
>
> Ich bin Heike und nur ein Teilaspekt von mir
> braucht ab und zu Hilfe, aber sonst bin ich ein
> Mensch mit vielen weiteren Aspekten, der das Recht
> hat, genauso respektiert zu werden, wie andere
> Menschen auch. Mich macht die Störung nicht aus,
> aber sie kann unbehandelt mein Leben schon sehr
> beeinträchtigen und auch behandelt, begleitet sie
> mich. Sie hat aber nicht mehr so die Macht über
> mich, ich bin wieder zur eigenen Steuerfrau meines
> Lebens geworden.
>
> Viele Grüße Heike
WOW, was für ein toller Beitrag, danke dafür :)
lgt