Hallo Flintstone,
da mich meine Erkältung gerade nicht schlafen lässt, versuche ich mal eine Antwort zu so früher Stunde.
Quote
flintstone
die Sache die ich nicht verstehe ist Folgende:
Ich wurde nie von den Leuten angegriffen, die den Baum erstellt haben,
in dem ich mitgeschrieben habe. Im Gegenteil gab es sogar Rückmeldungen,
in denen sich Fragesteller bedankt haben und meinen Beitrag hilfreich
fanden. In genau den gleichen Bäumen wurde ich aber von anderen
Forumsteilnehmern angegriffen und meine Beiträge in Frage gestellt.
Warum?
Die einzigen Personen, die ein nachvollziehbares Interesse zu meinem
persönlichen Erfahrungsschatz hätten haben können sind die Baumersteller,
um meine Antwort besser gewichten zu können. Sie haben mich aber nicht
gefragt! Oder meine Angabe, dass ich nicht Betroffene bin, war für sie ausreichend.
Da ich in diesem Forum schon seit 21 Jahren dabei bin, kann ich sagen, dass das normal ist, dass man in einem Baum auch von jenen in Frage gestellt wird, die nicht die Baumersteller sind, sondern vorher nur Mitlesende, das ist hier ganz normal.
Letztlich gibst du dir die Antwort selbst: "...man kann das Ausmaß der Ausgrenzung [Depression, Manie, Dimension der Angehörigen Ergänz. Heike] nur verstehen, wenn man es erlebt hat..."
Deshalb wollen die Menschen hier wissen, aus welcher Perspektive man hier schreibt. 99% der Forenschreiber kommen mit ihrem eigenen Anliegen hier rein, sei es eine Angehörigen- oder eine Betroffenenproblematik oder Fragestellung. Sie öffnen hier sich und wünschen sich Beistand und ggf. Tipps auf gleicher Augenhöhe.
Kommt jemand hier rein (damit meine ich jetzt nicht dich) und hat zu jedem gleich eine Meinung und ggf. gleich Tipps, doch es ist bisher nicht klar, was die Intention dahinter ist, kommt es schon komisch rüber. Es hat so etwas wie, "jemand möchte mal den Leuten hier die Welt erklären".
Ich glaube, wäre dein Start hier gewesen, dass du deine Problematik geschildert hättest, wie schwer es als Angehörige ist, sich um 2 kleine Kinder zu kümmern und zeitweise auch versuchst deinen betroffenen Angehörigen zu unterstützten, wäre die Skepsis geringer.
Sehr wohl glaube ich Dir, dass deine Ausgrenzungserfahrung schwerwiegend (vielleiht sogar traumatisch?) war und du deshalb schnell vieles darauf beziehst. Hier sehe ich aber nicht den Zusammenhang.
Du magst dass jetzt nicht so sehen und für dich ergibt es im Moment nur so einen Sinn. Aber wir Betroffenen (ich habe nur eine unipolare Depression) kennen das Problem der "Interpretation" und das "Auf sich selbstbeziehen" nur zu gut. Es ist nicht einfach aus diesem Blickwinkel herauszutreten. Häufig gelingt es mit etwas Abstand. Manchmal muss man auch erst ver- und bearbeiten, was den Blickwinkel so aufrecht erhält, um überhaupt eine andere Perspektive einnehmen zu können.
Wer in einem solchen Forum schreibt, muss es auch aushalten können, dass die Meinung in Frage gestellt wird und dies auch wiederholt. Wenn man emotional gerade nicht auf sicheren Beinen steht, selber gerade viel im realen Leben zu schultern hat, ist das überhaupt nicht einfach, weder für Angehörige, noch für Betroffene und viele von uns, haben das schon erlebt hier, was du gerade erlebst.
Also mach ruhig eine Pause und vielleicht ist es nicht schlecht, beim nächsten Mal sein eigenes Anliegen zu bringen. Man darf als Angehörige auch diejenige, sein, die selbst Fragen hat oder Beistand sucht.
Viele Grüße Heike
------------------ Signatur --------------------------
Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).