Hallo Tobi,
entschuldige bitte, dass ich mir mit meiner Antwort etwas Zeit gelassen habe. Jetzt aber, wo ich mein lädiertes Bein nicht mehr belasten darf, sollst du sie bekommen. :-)
Eine Bemerkung vorab zu den 10 Geboten: diese Gesetze sind natürlich unvollständig. Der Wille Gottes ist viel komplexer als 10 einfache Regeln. Über allem steht die Nächstenliebe - aber davon gibt es unzählige verschiedene praktische Interpretationen.
Es gefällt mir, dass du schreibst, dass Menschen - der GfK nach - Gutes von sich aus tun. Dass das Gute aus dem Menschen selbst kommt. Das denke ich auch. Die Religion aber auch - schließlich geht man davon aus, dass Gott den Menschen erschaffen hat, somit ist alles, was der Mensch ist, von Gott. Also, auch das Gute im Menschen. Oder auch das spezifisch Menschliche am Menschen.
Ich denke auch nicht, dass es in Gottes Sinne ist, dass Menschen gute Dinge tun, um z.B. gelobt zu werden. Gott will, so sehe zumindest ich das, dass wir um unseretwillen gut handeln, nicht nur, weil er es so will.
Mir (und dem christlichen Glauben) ist es, ebenfalls wie dir wichtig, dass Gutes auf freiwilliger Basis entsteht.
Zu den Folgen: du schreibst, dass dir deine Formulierung, ob etwas dem Leben >>dient<< oder nicht, lieber ist. Es ist eine schöne Formulierung, da stimme ich dir zu, aber ich schiebe ihr eine gewisse Vulnerabilität zu, bzw. eine Tendenz, missverstanden zu werden. Wenn ich reich werden will und dabei über Leichen gehe, dann dient das zumindest _meinem_ Leben. Mir ist klar, dass du das menschliche Leben allgemein meinst. Aber wie gesagt, die Formulierung bietet Angriffsfläche. Und es ist in der Ethik sehr oft ein Problem, dass die Folgen einer Handlung für mich positiv und für andere negativ sein können. Was ist z.B. damit, wenn ich einen Verbrecher an die Polizei verrate? Das ist eine gute Tat, oder? Aber was ist mit dem Verbrecher? Da kommt dann das Thema Gerechtigkeit ins Spiel.
Genauso subjektiv interpretierbar verhält es sich mit dem guten Willen, was du ja auch schon erwähnt hast. Woran macht man fest, was tatsächlich ein guter Wille ist? - Was die Mehrheit denkt? Sicherlich nicht. Ein Einzelner kann absolut falsch liegen (Hitler), aber auch total richtig. Übrigens auch etwas, wofür Jesus steht. Gibt es Kriterien, um einen guten Willen festzulegen? Und sind diese überhaupt überprüfbar? Wenn Stars Geld an Bedürftige spenden, ist das nach außen hin ein guter Wille, "innen" aber eventuell nur der PR wegen. Wer weiß das schon?!
Trotzdem finde ich es nicht ganz unrelevant, mit welcher Intention man etwas tut. Mir fällt übrigens gerade ein, dass das auch - v.a. im letzten Band - in Harry Potter thematisiert wird: das "größere Wohl" zum Ziel zu haben.
Deinen Abschnitt zur Religion finde ich leicht widersprüchlich, zunächst schreibst du, es sei nicht so wichtig. Dann aber sind Glaube, Liebe und Spiritualität doch wiederum wichtig. Das verstehe ich nicht ganz. ;-) Ich möchte behaupten, Glaube kann sogar (über-)lebenswichtig sein in unserer heutigen Welt. Welche Religion man auch immer betrachtet, meistens geht es um gewisse Werte, die hochgehalten werden. Wer tut das denn noch, außer den Religionen? Ich finde es ganz wichtig, dass es ein paar Richtungsweiser gibt, damit wir uns nicht verirren. Man darf die Rolle der Religion bezüglich der Orientierung, die du ja auch wichtig findest, nicht unterschätzen. Spiritualität ist uns, meine ich, angeboren - aber Religion hat eine jahrtausendlange Tradition, um jene auszuleben. Es gibt übrigens heute viele Menschen, die eine sogenannte Patchworkreligion haben. Das bedeutet, sie suchen sich aus verschiedenen - großen - Religionen das aus, was ihnen gefällt. Was hälst du davon?
Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag Abend,
und danke dir, dass du meinen Geist in den Semesterferien ein wenig fit hälst. ;-)
Lieber Gruß
die kleine Maus
26 J., w., süddt. Raum, Angehörige, Papa bipolar seit '91
Quote
Johann W. Goethe
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 04.10.11 19:25.