Hallo Irma,
danke für den Buchtipp. Der Klappentext hat mich so angesprochen, dass ich mir das Buch bestellt habe. Gestern habe ich schon 60 Seiten gelesen. Es ist ein unbedingt empfehlenswertes Buch mit beeindruckenden Ein- und Ansichten und eigenen Erfahrungen. Es gibt so viele Passagen, die für mich sehr erhellend sind.
Es ist für mich ein guter Begleiter durch diese Zeit jetzt.
Es geht um vielerlei Abschiede und Trauerprozesse. Es ist ein Aufräumen mit der gesellschaftlich vorgegebenen Art zu trauern. Ein Zurechtrücken der individuellen Trauer, die keine Normen kennt. Keine Trauer gleicht der Anderen. Trauer ist individuell.
Es ist zwar noch nicht in diesem Buch aufgetaucht, aber vielleicht kommt das noch: ich habe mich schon immer gegen den Begriff "Trauerarbeit" gewehrt. Noch schlimmer ist "Trauerarbeit leisten". Das fühlt sich falsch an für mich. Der tauchte auch bis jetzt in diesem Buch nicht auf.
Es wird geschrieben, dass man keine Wahl hat, wie man trauert. Ich kann mir nichts an Gefühlen, die da sein sollten oder auch nicht, vornehmen. Es kommt wie es kommt. Und ich merke gerade auch bei mir selbst, dass es ganz anders ist, als ich es mir so dachte. Ich dachte, gut vorbereitet zu sein, traurig und zugleich erleichtert. Ich bin nicht erleichtert. So gar nicht. Und ich dachte, bevor ich dieses Buch in die Hand nahm, dass ich das sein müsste in Anbetracht des langen Leidens meiner Mutter, aber auch im Hinblick auf das Leiden meines Vaters und meines über diese vielen Jahre.
Aber ich will sie auch nicht zurück ins Leben haben.
Langsam sickert es bei mir durch, wie anstrengend diese Jahre tatsächlich waren.
Nochmals Danke für dieses Buch. Es ist gerade ein Haltgeber mit tiefem Verständnis für das, was sich da gerade in mir entwickelt.
Ich fühlte mich auf der Beerdigung innerlich so taub. Da war erstmal nur Wüste in mir. Und ich suchte verzweifelt nach der Verzweiflung, der (gesellschaftlich normierten) Trauer, den Tränen, der Erleichterung, dem tiefen Durchatmen können. Nichts von alldem war da. Und ich fühlte mich schuldig wegen dieser vermeintlichen Gefühllosigkeit.
Eine Passage von vielen beeindruckenden Zeilen des Buches findet sich gleich zu Anfang des Kapitels "Trauer, genauso komplex wie wir" in der beschrieben wird, dass die Idee, das wir die Toten loslassen und nach vorne schauen müssen, großer Unsinn ist, der auf Sigmund Freud zurückgeht. Freud war der Meinung, dass die Aufgabe des Trauerprozesses darin bestehe, sich von der verstorbenen Person zu lösen, um wieder nach vorne schauen zu können.
Die neuere Trauerforschung verfolgt einen beziehungsorientierten Ansatz in dem es darum geht, mit der verstorbenen Person in Verbindung zu bleiben und ihr eine neue Rolle im eigenen Leben zuzuweisen.
Liebe Irma und Alle. Wer sich selbst nicht versteht bei Trauerprozessen, liest bitte dieses Buch "endlich. Über Trauer reden" von Caroline Kraft und Susann Brückner.
Alles Gute
Friday
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Nicht alles, was schwankt, ist bipolar.
Hätte ich die Kraft nichts zu tun, ich täte nichts.
Man muss sich von sich selbst nicht alles gefallen lassen.
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 05.02.23 12:32.