Guten Abend allerseits.
Ich bin neu in diesem Forum. Ich habe mich die letzten Tage durch viele Themen und Berichte durchgelesen und bin erstaunt wie viel Menschen betroffen sind und wie viel Kraft die Angehörigen haben. Ihr habt meinen Respekt und meine Bewunderung.
Ich bin 40 Jahre alt und seit 20 Jahren mit meinem Mann verheiratet. Letztes Jahr ist bei ihm eine Bipolare Störung diagnostiziert worden.
Es begann alles, als er im September die Nachricht bekam, dass sein Zeitvertrag nicht verlängert wird. Er hatte davor seit 3 Jahren immer wieder sehr depressive Phasen und im Rückblick auch schon leichte manische Phasen, wo man dachte, ist halt mein Mann.
Aber plötzlich wurde alles anderes. Er war ständig unterwegs, hatte immer neue Ideen, hat Geld ausgegeben für alles mögliche, ein neues Auto gekauft, hat sich mit Leuten angelegt und viele andere schlimme Dinge getan. Immer wenn ich mit vernünftigen Argumenten dagegen kam, war ich ein Spießer und wurde beschimpft. Auch hatte er mir und meinem Sohn gegenüber starke Gefühlsschwankungen, so dass man nie wusste, was als nächstes passiert.
Es ging soweit, dass die Polizei in im November zu Hause abgeholt hat und er eine Zwangseinweisung bekam. Nach 8 Tagen hat er sich dann wieder selbst entlassen. Die nächsten zwei Monate waren wie ein Eierlauf. Er hatte überhaupt keine Krankheitseinsicht, hat immer noch Geld ausgegeben und fühlte sich bei allem bevormundet. Ich hatte versucht, viele Geschäfte wieder rückgängig zu machen oder Sachen zurück zu geben, er hat fast alles wieder gekauft.
Mitte Januar merkte man plötzlich, dass er wieder "normal" wurde, wir konnten vernünftig miteinander sprechen und Dinge unternehmen. Und dann kam der Absturz in die Depression. Seit Ende Januar hat er nur im Bett gelegen. Wir haben noch einen 7 jährigen Sohn, aber egal was wir versucht haben, er hat nichts mitgemacht.
Bei mir entwickelte sich Angst, Sorge aber auch Wut, dass er uns mit allem alleine lässt. Ich habe mich um alle Versäumnisse seinerseits gekümmert, um die Krankenkasse, seine offenen Rechnungen, Anwälte etc. Im April habe ich ihm ein Ultimatum gesetzt, dass er was tun muss und es keine Alternative gibt, als in die Klinik zu gehen. Das hat er auch gemacht und war bis Ende Juni in psychiatrischen Klinik. Er machte Fortschritte, aber sprach kaum über die Therapie.
Als er eine Woche zu Hause war, blieb er wieder nur im Bett. Unser Sohn ist total irritiert und ich bin in vielen Bereichen verletzt, auch wenn ich überall gelesen habe, dass man es nicht persönlich nehmen soll.
Wie schafft ihr anderen Angehörigen das?
Hinzu kommt, dass er auch schon in den vielen Jahren davor immer wieder ein sehr egozentrisches Verhalten hatte. Mir gegenüber aber auch Freunden oder Personen auf der Arbeit. Er hat mich oft angeschrien oder mich klein gemacht für Dinge, die in seinen Augen nicht richtig waren. Dadurch haben wir viele Freundschaften verloren.
Vor 3 Wochen ist er 14 Tage in eine Tagesklinik gegangen, hat sie dann aber abgebrochen. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht mehr schaffe. Ich habe das Gefühl es ändert sich nichts.
Er will jetzt nochmal zur stationären Behandlung in die Klinik.
Habt ihr einen Rat für mich?
Ich will ihn nach 20 Jähren ja nicht verlassen, aber ich merke, wie das letzte Jahr an meinen Kräften gezerrt hat und ich irgendwie versuche, für meinen Sohn alles zu geben und ein normales Leben aufrecht zu erhalten.
Ich habe so ein schlechtes Gewissen, dass ich nach nur einem Jahr das Gefühl habe, ich bin am Ende. Ich bin beeindruckt, dass so viele über Jahre aushalten und ihr ein normales Leben führen könnt.
Freunde haben mir gesagt, es ist vielleicht das Beste aus zuziehen, damit er alleine klar kommen muss und er erkennt das er Hilfe braucht und sie sich auch richtig holt. Ist das wirklich so?
Ich danke euch schon im voraus für das Lesen dieses langen Textes und für die Antworten, die ihr mir schreibt.
Viele Grüße