Hallo Heike,
für mich war es sehr befreiend, zu meiner Erkrankung zu stehen. Ich erzähle es nicht jedem, aber Menschen
die mir wichtig sind und die ich für empathisch halte, aber was wichtiger ist, ich stehe zu mir. Ab und zu
bin ich drüber ja und manchmal bin ich unter der Decke ja, aber ehrlich gesagt es gibt schlimmere
Erkrankungen. Bin ich halt ein bunter Hund und manchmal auch ein grauer.
Es gibt Menschen, die mich lächerlich gemacht haben und schlecht über mich geredet haben, dass tat
sehr weh, vor allem hat es meine Depression lange aufrecht erhalten und ist beinahe in einer Katastrophe
geendet. Ich habe es überlebt und das hat mich härter werden lassen und endlich habe ich zu mir gestanden.
Seitdem ist langsam der Druck entwichen. Vor den Folgen einer Manie habe ich Respekt, weil ich sehr
entwürdigende und peinliche Dinge getan habe, aber mehr eben auch nicht.
Ich will leben und mich nicht immer selbst beäugen, ob "es" schon wieder losgeht. Ich kann ja nicht wie
eine Hochschwangere immer ein Köfferchen stehen haben, für den Fall einer Manie.
Ich finde unsere Erkrankung ist schwer zu erklären für einen "Normalo", aber wer ist schon normal?
Ich würde mir wünschen, dass mein Sohn sich einmal mit meiner Erkrankung befasst, möchte er aber
nicht. Ich habe es über Kaney West, den Musiker versucht, den fand er cool, aber er blockt ab.
Viellicht kommt irgenwann der Zeitpunkt. Ich weiß es nicht, auch das muss ich akzeptieren, wie so
einiges, was ich nicht ändern kann.
So sieht er nur seine Mama, die durchgedreht ist und ihn rausgeschmissen hat, was ich nie im Normal-
modus getan hätte. Vielleicht hat aber auch die Manie für mich das Ganze übernommen, denn sein
Verhalten war extremst grenzwertig schon lange davor. Wer weiß es schon?
Ich habe mir die Erkrankung nicht ausgesucht und jeder, der lacht ist ziemlich arm dran. Als ich funktionierte,
war ich ein wenig erfolgreich in versch. Bereichen und hatte Neider um mich herum und Schönwetterfreunde.
Als ich am Boden lag, haben diese noch einmal draufgetreten und mich im "Kuckucksnest" besucht, wie
nett. Jedem das Seine. Ich hätte gewartet, bis meine Freundin nach eine paar Wochen auf der offenen
Station wieder Besuch empfangen kann. Das andere war Gafferverhalten.
Das Forum ist ein wichtiger Stützpunkt für mich. Hier kann ich sein, wie ich bin und auch einmal ungewöhnliche
Fragen stellen und ich weiß ich bin nicht allein mit meiner bunten und facettenreichen Erkrankung/Gabe.
Manchmal lese ich Beiträge, wo ich darauf komme, ah ja deshalb war das so. Scheidung, wilde Käufe,
unüberlegte Handlungen, usw.
Mein Partner hat eine Vollmacht über mich gehabt, so dass er handlungsfähig war, falls ich einmal wieder zu lustig
war, dass hat mich beruhigt, aber auch irgendwie nervös gemacht manchmal.
Ich gebe ungern die Kontrolle ab über mich.
Meine Lieblingsärztin hat leider aufgehört. Sie war eine tolle Frau und wir haben uns auf Augenhöhe unter-
halten, irgendwie, wie eine Mutter auch. Nicht nur lateinische Fachbegriffe, einfach lieb und nett und
vor allem sehr kompetent.
Sie hat mich aufgebaut, als ich am Boden war und an mich geglaubt. Schade, dass sie nicht mehr da ist,
Ersatz für sie habe ich noch nicht gefunden, eher Rezepteaussteller.
Meistens merkt man mir gar nichts an und dann erzähle ich etwas und ich sehe schon Verwunderung, dann
muss ich etwas aufpassen, dann bin ich drüber.
Also so viel von mir. Habt ein schönes Wochende.
Turicum