Hallo Nantaco,
ob du deine Frau verloren hast, kann dir niemand hier sagen.
Auch kranke Menschen fällen gültige Entscheidungen. Es ist möglich, dass sich die in Manie stattgefundenen Ereignisse wie ein böser Traum verziehen, aber es ist genauso gut möglich, dass die Entscheidung gefallen ist, und nicht mehr rückgängig gemacht wird.
Auch Handlungen in Manie haben ganz klar Auswirkungen in die Zukunft. Ein bipolarer Mensch kann sich neu verlieben, und das ist nicht weniger real, nur weil es in einem Krankheitszustand passiert. Vielleicht ist es nicht dauerhaft, vielleicht aber schon. Wenn es vorher schon klare Anzeichen gegeben hat, eine Vorgeschichte des Nichtverstehens, dann muss man auch damit rechnen, dass die Manie nur der Katalysator für einen Neuanfang deiner Frau war.
Ich finde, das muss man durchaus auch mal so sagen.
Medikamente mögen den einen oder anderen Betroffenen weniger emotional machen, aber wie weit das eine positive Sache ist, das ist eine sehr subjektive Sache. Sie können genauso Lebensqualität geben, wie auch entziehen. Das ist eine Gratwanderung. Menschen setzen selten ihre Medikamente ab, wenn sie mit der Wirkung zufrieden sind. Eine gute Medikation ist immer eine, bei der der Betroffene nicht mehr auf sie verzichten will.
Dabei geht es überhaupt nicht darum, ob es anderen einleuchtet, oder gefällt. Das ist eine sehr persönliche Entscheidung. Ein interessantes Faktum, dass erklärt, wie wenig eindeutig der Nutzen von Medikation ist, ist etwas, worüber ich im Laufe der Jahre gestolpert bin. Von den betroffenen Profis, praktizierende Psychiater, die bipolar sind, mit denen ich persönlich in Kontakt gekommen bin, nimmt nicht einmal ein Viertel Medikamente dauerhaft. Die Begründung lautet fast immer, dass sie sich dann nicht mehr in der Lage sähen, ihren Job auszuüben oder ihre Lebensqualität aufrecht zu erhalten. Sie versuchen überwiegend, mit Einteilung ihrer Arbeitslast und Ausgleich mit Familie eine Art funktionierender Stabilität herzustellen. Die Möglichkeiten durch die freiberuflich-selbständige Arbeit in eigener Praxis sind dafür natürlich hilfreich. Ich kenne aber auch einen ehemaligen bipolaren Chefarzt, der wegen Beschimpfung der Krankenhausleitung entlassen wurde und später Kollegen in Gemeinschaftspraxen verklagt hat. Bipolar, wie die Nacht. Das sind Menschen, die anderen Leuten eine Medikation für unabdingbar verkaufen.
Persönliche Entscheidungen. Die Freiheit, auch das zu tun, was in den Augen Anderer falsch erscheinen mag.
In erster Linie geht es um wirklich freie Selbstbestimmung. Normalerweise wird die nur außerhalb von Krankheitsphasen möglich. Aber das setzt voraus, dass es diese neutrale Zeit überhaupt gibt. Freiheit von Krankheit ist ein Luxus, den nicht jeder hat. Dennoch muss das Recht auf Selbstbestimmung immer das Ziel sein.
Unter Umständen muss man dann auch sehr unangenehme Wahrheiten akzeptieren. Dazu gehören auch weitreichende Lebensentscheidungen, wie Trennungen, Scheidungen, Sorgerechtsprobleme.
Man muss auch sowas einkalkulieren.
Nichtsdestotrotz alles Gute, und dass sich für euch eine gangbare Lösung für die Zukunft ergibt.
Bleib gesund in diesen schwierigen Zeiten,
M.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.07.20 10:23.