Eine Trennung - egal unter welchem Umstand - ist nie einfach. Weil es immer auch ein Stück Abschied ist. Manchmal ein Abschied von einem Menschen, manchmal ein Abschied von einer Idee (wie die Beziehung in den nächsten Jahren hätte verlaufen können). Manchmal von Beidem.
Ich kenne deinen Mann nicht, aber ich kann dir sagen dass auch ich in meinem Leben schon einmal nicht sagen konnte "Ich liebe dich nicht mehr" obwohl ich die Trennung durchaus sehr aufrecht und ehrlich wollte und nach wie vor dahinter stehe. Aus diesem Grund schreibe ich eben diese andere Perspektive in deinem Baum. In manchen Fällen ist es nicht die fehlende Liebe die zu diesem Abschied führt, manchmal ist es einfach die Erkenntnis, dass man trotz Liebe -ganz unromantischerweise- doch nicht alles gemeinsam schaffen kann.
Stell dir vor du liebst deinen Partner, fühlst dich aber -so wie du irgendwo beschreibst- stetig unterlegen. Das Thema "Männlichkeit" innerhalb einer Partnerschaft könnte darunter leiden und beispielsweise zu so einer Entscheidung führen. Auch der Versuch dich und eure gemeinsame Tochter vor ihm und seinen Phasen, vor dem ungerecht behandeln, vor seinen ungerechtfertigten (oder gerechtfertigten) Anschuldigungen zu schützen. Nur weil er manchmal aus einer Phase heraus agiert, heißt das nicht, dass er nicht weiß, dass er sich falsch oder ungerecht verhalten hat. Diese ständige eigene Schuld und Scham ist manchmal schier nicht aushaltbar. Du hast vielleicht das Gefühl, er gäbe dir an allem die Schuld, umgekehrt fragt aber Niemand danach, ob auch er sich schuldig fühlt.
Und in Anlehnung an A20213: Du schreibst immer, du würdest ihn derart lieben, ihm zeitgleich zu viel durchgehen lassen und du wüsstest nicht wie du es ohne ihn schaffen sollst. Natürlich verstehe ich deine Traurigkeit und deine tiefe Verzweiflung, aber auch hier erzähle ich jetzt aus meiner eigenen Erfahrung. Gibt mir eine Frau beispielsweise das Gefühl, ich wäre der Mittelpunkt ihrer Welt, dann setzt mich das stark unter Druck, weil ich weiß, dass ich diese Konstante, diese Stütze und Säule mit meiner Erkrankung nicht immer sein kann. Ich halte den Druck nicht aus, zu wissen, dass wenn ich als Mittelpunkt auf Grund einer Phase kurzfristig oder auch langfristig weg breche, meine Partnerin zeitgleich über kurz oder lang ihren Mittelpunkt verliert. Dieser Druck macht auch etwas mit mir. Er entfernt mich von meiner Partnerschaft ganz automatisch, weil ich in dem Fall mich Selbst schützen muss um mich nicht in noch mehr Aufruhr zu bringen.
Man(n) kann Teil eines Universums sein, als Partner. Aber man(n) kann nicht das Universum sein.
Aus diesem Grund: Doch, es ist durchaus möglich, dass Jemand aufrichtig und ehrlich die Ehe beenden will, obwohl er sich so verhält und es ihm nicht möglich ist dir ins Gesicht zu sagen, dass er dich nicht mehr liebt. Weil es schlichtweg gelogen wäre.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 03.04.16 08:38.
