Hallo Mukkel,
"Go[e]the und Schilller waren Pantheisten"
„außerdem waren sie(Mozart auch)Freimaurer“
Das stimmt so sicherlich nicht.
Zu Schiller:
Schillers Mutter war auf spiritueller Ebene tief religiös, sein Vater handelte dagegen eher rational nach den Regeln der protestantischen Amtskirche. Friedrich stand irgendwo dazwischen, war häufig hin- und hergerissen. Auf der einen Seite zog ihn das Poetische, das Empfindsame der Religion fast magisch an; religiöse Kunst (Kunst des Wortes, Musik, etc.) faszinierte und inspirierte ihn enorm, auf der anderen Seite verspürte er am eigene Leibe auch die dunklen Seiten "des Glaubens", z.B. während seiner Schulzeit, die von christlicher Strenge in Form eines Rohrstocks gekennzeichnet war. Nichtsdestotrotz wollte Schiller Pfarrer werden.
Dazu Friedrichs Schwester Christophine:
„Friedrich fing auch selbst oft an zu predigen, stieg auf einen Stuhl und ließ sich von seiner
Schwester ihre schwarze Schürze statt dem Kirchenrock umhängen. Dann musste sich alles um ihn
herum still und andächtig verhalten und ihm zuhören....So jugendlich diese Vorträge auch waren, so
hatten sie doch immer richtigen Sinn, er reihte einige Sprüche recht schicklich zusammen und trug sie
nach seiner Weise mit Nachdruck vor.“ [aus: R. Safranski: Friedrich Schiller, Seite 22]
Der Wunsch, Pfarrer zu werden, hielt bis nach der Schulzeit an und erfüllte sich nur deshalb nicht, weil Herzog Carl Eugen von Württemberg es verhinderte und Schiller "par ordre de Mufti" zum Militär schickte (Schillers Vater arbeitete für den Herzog und auch Schiller selbst war später von ihm abhängig).
Viele Literaturwissenschaftler bezeichnen Schillers Werk daher auch als "das Werk eines verhinderten Predigers"; es gibt in Schillers Gesamtwerk und seinen Briefen (u.a. an Goethe) tausende Passagen, die diese Aussage bekräftigen – das Christentum ist ein immer wiederkehrendes Motiv.
Fazit: Schiller war mit Sicherheit kein Pantheist, auch wenn er einigen Charakteren seiner Dramen Worte in den Mund gelegt hat, die in eine pantheistische Richtung gehen. Die erste Hälfte seines (kurzen) Lebens war er überzeugter Christ, später schlicht und einfach ein nichtreligiöser Mensch, so sieht es u.a. auch der aktuelle Schiller-Biograph Rüdiger Safranski.
Außerdem war Schiller KEIN Freimaurer, er hatte lediglich Freimaurer-Freunde. Auf Veranlassung eines solchen Freundes schrieb er die bekannte „Ode an die Freude“ für eine Tafel der Freimaurerloge in Dresden. Deshalb war er aber nicht gleich Freimaurer.
Zu Goethe:
Goethe ist, wie in vielerlei anderer Sicht auch, um einiges komplizierter. Da ich kein Seminar aus diesem Thema machen möchte, an dieser Stelle nur soviel: Der "West- Östliche[r] Divan" (oder arabisch: Ad-dîwân as-saqî li'l-mu'allif al-garbî) ist Goethes umfangreichstes lyrisches Werk, obwohl er es innerhalb nur eines Jahres zusammenstellte. Die arabische Welt zog ihn seit seiner Kindheit magisch an (seine ersten Gedichte stehen in einem islamischen Kontext); er wollte eigentlich Arabistik studieren - sein Vater verhinderte dieses jedoch und nötigte ihm ein Jura-Studium ab.
Jedenfalls steht heutzutage außer Frage, dass Goethe dem Islam sehr nahe stand und den Qur'an nach mehreren Lektüren sehr gut kannte. (Ich meine, dass es sogar eine fatwâ aus den 1990er Jahren gibt, durch die Goethe von Muslimen nun offiziell als Bruder im Glauben genannt werden darf (Johann Mohammed Ibn Goethe); er für Muslime also kein kafîr (Ungläubiger) oder nasarah (Christ) mehr ist.
Hierzu empfehle ich das Standardwerk: "Goethe und die arabische Welt" (1988) von Katharina Mommsen oder am besten gleich den Divan zu lesen, nach dessen Lektüre wohl niemand mehr sagen kann, dass Goethe Pantheist gewesen sei.
"Närrisch, dass jeder in seinem Falle // Seine besondere Meinung preist! // Wenn Islam »Gott ergeben« heißt, // Im Islam leben und sterben wir alle" aus: W.-Ö. Divan
„Hätt' Allah mich bestimmt zum Wurm,/ So hätt' er mich als Wurm geschaffen.“ Aus: W.-Ö. Divan
Auch in vielen Briefen "bekennt" sich Goethe fast ganz offiziell zum Islam, hier nur einige kleine Beispiele:
"Weiter kann ich nichts sagen, als daß ich hier mich im Islam zu halten suche." (Brief an C.F. Zelter, 1820)
"Sie sehen, daß dieser Lehre nichts fehlt und daß wir mit allen unsern Systemen nicht weiter sind und daß überhaupt niemand weiter gelangen kann. [...] Jenes philosophische System der Mohammedaner ist ein artiger Maßstab, den man an sich und an andere anlegen kann, um zu erfahren, auf welcher Stufe geistiger Tugend man denn eigentlich stehe.» ( Bemerkung Goethes nach einem Vortrag seines "Schülers" Eckermann über den Islam, 1827)
"Hier kann niemand dem andern rathen; beschließe was zu thun ist jeder bey sich. Im Islam leben wir alle, unter welcher Form wir uns auch Muth machen." (Brief an Adele Schopenhauer, 1831)
Im Alter von 70 Jahren „outete“ sich Goethe in der Öffentlichkeit, dass er sich mit dem Gedanken trage, „ehrfurchtsvoll jene heilige Nacht [zu] feiern, wo der Koran vollständig dem Propheten von obenher gebracht ward.“
[Lailatu 'l-Qadr ->“Nacht der Bestimmung“, in der Allah den Qur’an in Muhammads Herz geschrieben hat; höchstes islamisches Fest, gefeiert an einem der letzten zehn Tage des Fastenmonats Ramadan]
Nichtsdestotrotz blieb er zeit seines Lebens ein protestantisch getaufter Christ, er trat nie aus der Kirche aus, alle seine Kinder wurden getauft und konfirmiert (jedenfalls diejenigen, die nicht schon vorher verstorben sind), er heiratete kirchlich und wünschte sich für seine verstorbene Frau Christiane (geb. Vulpius) ein christliches Begräbnis, an dem er selbst aber nicht teilnahm.
Wenn man Goethes Gesamtwerk samt Briefen und autobiographischen Texten betrachtet, findet man sicherlich viele Passagen, die für eine pantheistische Grundhaltung Goethes sprechen; es gibt aber auch genauso viele Stellen, in denen er das Christentum oder eben den Islam als solche lobpreist. Eindeutig ist jedoch seine tiefe Ablehnung gegen den institutionalisierten Glauben, sowohl im Islam, als auch im Christentum. Er lehnt den Papst und die christlichen Dogmen genauso ab wie die Lehre der Sunna. Bibel und Qur’an waren aber fester Bestandteil seines Lebens, sowohl im Privaten, als auch bei seiner kreativen Arbeit.
War er jetzt Muslim, Christ oder Pantheist?
Ich, der sein Gesamtwerk kennt (hüstel..), würde nur eine Aussage unterschreiben und zwar:
Goethe war ein Freigeist. ;)
С сердечным приветом
Ф а н т ô м а з