Hallo kinswoman,
mich wundert auch, dass dies offenbar noch nicht wahrgenommen wird, was zur Zeit los ist.
Es gibt keinen Zweifel, dass ich für eine humane psychiatrische Versorgung bin. Aber diese braucht gut qualifiziertes und vor allem ausreichendes Fachpersnal und vor allem eine gut vernetzte Zusammenarbeit, natürlich unter datenschutzrechtlichen Bedingungen.
Der Personalnotstand ist so groß, dass jeder Akteur versucht seine eigenen Ressourcen zu schützen, was dazu führt, dass jeder versucht sich abzugrenzen. Niedergelassene Ärzte entscheiden für sich, gesetzliche Betreuer entscheiden für sich, ambulante Dienste entscheiden für sich, Kliniken entscheiden für sich und im schlimmsten Fall entscheiden Sie, dass der Betroffene eben Pech gehabt hat.
Und dann liest man wie schlimm die Zustände in großen Städten in den Hauptbahnhöfen werden, da dort das Elend eben strandet.
Ich bin ganz bestimmt nicht dafür, jeden Menschen, der sich merkwürdig verhält, wegzusperren. Auch bin ich nicht dafür, Menschen durch eskalierende Zwangsmaßnahmen zusätzlich noch Traumata zu verschaffen, die durch andere und frühzeitige Intervention hätten vermieden werden können. Aber es so lange laufen zu lassen, dass Verelendung eintritt, bzw. dann ggf. tatsächlich Zwangsmaßnahmen eingeleitet werden müssen, weil die Gefahrenlage dann doch plötzlich hoch ist, kann in meinen Augen auch nicht die Lösung sein.
Es ist weder für meine multiprofessionellen KollegInnen noch für uns GenesungsbegleiterInnen leicht, das mit ansehen zu müssen.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.11.23 21:50.