Hi!
Ich hatte meine erste und bisher einzige Manie ebenfalls nach einem Antidepressivum.
Generell gilt: nach der ersten Manie gilt man bei den Ärzten als bipolar. Unterscheidung gibt es dann höchstens noch wenn diese Drogeninduziert war - und dazu zählen Antidepressiva nicht. Drogeninduzierte Psychosen haben eine wesentlich höhere Chance nicht in einer chronischen Erkrankung zu enden. Sollten bipolar-Symptome jedoch (vor allem bei Manie) ohne Drogeneinfluss auftreten ist die Wahrscheinlichkeit für eine chronische Erkrankung sehr hoch. Und dein Bruder hatte vorher sicher auch depressive Symptome - es ist leider typisch für die Erkrankung. Sie fängt meist mit Depressionen an und die Diagnose wird erst nach der 1. Manie gestellt.
Bei mir ist noch wichtig: ich hatte vorher schon häufiger mit mittelschweren bis schweren Depressionen zu tun, deswegen habe ich ja auch immer mal wieder andere Antidepressiva ausprobiert. Depressionen waren bei mir immer extrem schwer bis gar nicht behandelbar, mit sehr langen Ausfällen mit jeder folgender Depression, die ich bekam - ebenfalls nicht selten bei bipolaren Störungen. Teilweise ist schon nachgewiesen, dass manche Antidepressiva nicht bei der bipolaren Depression wirken.
Ich kann es verstehen - mich hatte es auch so angekotzt, als Antidepressiva "mich bipolar gemacht" hatten - so hatte ich damals gedacht. Ich war ziemlich sauer auf alles, Medikamente, Therapien die alles nichts gebracht hatten, auf die mangelnde Aufklärung etc ... mir hatte ebenfalls nie jemand gesagt, was denn aus so einer Depression noch werden kann, wenn man dann Antidepressiva nimmt - ich bin der Meinung, dass es zur Pflicht eines Arztes gehört darauf zumindest hinzuweisen.
Aber auf der anderen Seite steckte ich halt in einer Zwickmühle, denn ohne Antidepressiva war es ebenfalls nicht auszuhalten, ich hatte mich lange dagegen gesträubt, ich war extrem ängstlich gegenüber der Einnahme generell. Letztlich sieht es so aus: ich habe die Medikamente freiwillig eingenommen, die Schuld liegt selten bei den Ärzten in Deutschland.
Und generell gab es auch keine gute Lösung für die Depressionen. Ich bin zum Schluss gekommen, dass es wenig Sinn macht sich über Ärzte, Therapeuten, Medikamente etc. aufzuregen - die Erkrankung an sich ist einfach scheiße und diese wird man in den seltensten Fällen überhaupt los - das ist meist das eigentliche Problem, nicht Medikamente, Ärzte etc. Ob es nun hartnäckige Depressionen sind, bei denen man nur bei Zugabe eines Antidepressivums manisch wird oder ob manche nur manisch werden und Depressionen nicht kennen - jeder Fall ist unterschiedlich und vorher hat sich keiner ausgesucht das zu bekommen und behandelnde Ärzte versuchen eben auch nur was sie können - mal mehr, mal weniger erfolgreich in der Behandlung.
Keine Ahnung, ob dir der Text was bringt - ich wünsche deinem Bruder noch alles Gute. Es braucht Zeit sich von einer Manie zu erholen, vor allem wenn dann eine längere Anschlussdepression kommt.
Gruß,
roobb