Hi Kain und Abel,
Das ist übrigens auch ein cooler Name! Er regt zum Nachdenken an.
Also mit dem Alter liegst du richtig, meine Tochter ist 20 , hatte letztes Jahr die erste Manie und hat wohl davor schon eine Depression gehabt, die wir als Eltern nicht erkannt haben. Sie ist bipolar eins.
Dein Verlauf scheint eine lange Pause gehabt zu haben und dann wurde es im „höherem“ Alter schwieriger/häufiger. Das finde ich recht ungewöhnlich, aber vielleicht habe ich auch nicht genügend Infos über generelle Entwicklung der Erkrankung.
Nach dem ersten Horror, als sich unsere Tochter so verändert hat und auch viele Tage nicht zu Hause war, haben wir endlich die Diagnose bekommen und wussten wenigstens woran wir waren. Wir wussten, das ist nicht unsere Tochter, die so viel Mist baut. Ihre Aggressionen meine nicht uns. Es sind eigentlich nicht ihre Aggressionen, es ist ein Ungleichgewicht der Chemie im Gehirn. Das Wissen hat mir immer viel geholfen.
Leider hat der erste Psychiater ihr nicht ein gutes antimanisches Mittel gegeben, etwas dass sie zum schlafen bringt. Er gab nur ValproinSäure.. So wäre ihr vielleicht die Einweisung erspart geblieben. Nach der Klinik fanden wir zum Glück einen anderen Psychiater. Und dadurch wurde es besser, aber dauerte noch lange bis das Wetter geeignete Mittel gefunden wurde, um die Manie völlig zu beenden.
Wir sind sehr froh, dass wir jetzt einen guten Psychiater gefunden haben, mit dem wir in engen Kontakt stehen, um die geeigneten Mittel und Dosierung herauszufinden. So wie ich das jetzt aus vielen Büchern und Artikeln verstanden habe, ist das wirklich die Basis. Die Chemie wieder in ins Lot zu bekommen. Und es ist auch die große Herausforderung, da viele Mechanismen doch nicht so gut erforscht sind. Und natürlich soll auch ein Mittel einen nicht total umhauen… Auch frage ich mich manches Mal, wer sind wir überhaupt?, Wenn unsere Persönlichkeit so stark von der Chemie abhängt? Als Frau kenne ich das natürlich sowieso, sei es während der Periode oder in der Menopause, da habe ich auch schon erfahren können, was es heißt seinen Hormonen ausgeliefert zu sein.
Beim Lesen deiner Antwort drängt sich bei mir die Frage auf, ob du wirklich einen erfahrenen Psychiater in punkto Medikation der BP hast?
Kann es sein, dass halt durch die Veränderung des Stoffwechsels im Alter bei dir die Medikamente wieder neu eingestellt werden müssten?
Abgesehen von der Medikation geht es natürlich auch viel um Psychoedukation und Lebensstil… und klar wissen wir alle wie man gesund leben soll, aber das macht halt nicht immer Spaß. Auch meine Tochter meinte, wenn ich mich an all das halte und dann auch nicht mal auf einer Party was trinken kann oder Nächte durchmachen, wozu soll ich denn überhaupt noch leben? Das ist kein Leben! Also die Balance zwischen strengen Regiment und aber auch mal über Die Stränge schlagen, die versuchen wir irgendwie hin zu bekommen. Ich bin Ende 50 und habe schon viele meinem Leben erlebt, konnte vieles ausprobieren und trotz allem schaffe ich es selber nicht, durchgängig ein gesundes Leben zu führen! Ich bin ein Genussmensch. Und ich versuche halt mehr Bewegung und die Woche über brav sein und am Wochenende sich mal was gönnen einzubauen. Und das funktioniert recht gut
Wenn ich von den Statistiken der Rückfälle lese, Dann muss ich eigentlich mit mindestens einem Rückfall rechnen. Wenigstens weiß ich jetzt welches Raubtier wir da haben, und habe eine Ahnung, wie man damit umgehen kann.
Wir möchten, dass unsere Tochter ihr eigenständiges Leben führt, aber sehen auch noch, dass sie jetzt Hilfe braucht um wieder los zu laufen. Wir versuchen ihre Krücken zu sein und deshalb gehe ich jetzt auch auf die Tagung nach Heilbronn. Ich möchte mich noch mit mehr Betroffenen und Angehörigen austauschen. Mein Mann meint, es reicht was wir alles gelesen haben und auch mit wem wir telefoniert haben. Aber ich brauche einfach mehr, das ist meine Strategie mit dem Raubtier umzugehen.
Du kannst mir auch gerne PNs schicken.
Herzliche Grüße aus der Mitte der Republik.
Seawaves
P.S. Ich versuche politisch korrekt zu schreiben, manchmal gelingt das nicht und ich möchte mich schon im Voraus entschuldigen: ich möchte niemanden diskriminieren oder angreifen.