Wie damit umgehen? - Ich mache meine Tätigkeiten stumpf weiter, wenn's zu schlimm wird, ins Bett. Manchmal lese ich auf Foren und versuche mit dem Leid der anderen mein Eigenes zu relativieren. Gebe dann auch Ratschläge und versuche dann mir selbst beim Helfen anderer zu helfen.
Generell finde ich es problematisch, dass man keine Möglichkeit hat, darüber zu sprechen, ohne in Gefahr zu laufen, in eine überfüllte Psychiatrie mit Personalmangel und bescheidenen Zuständen eingewiesen zu werden. Die in meiner Nähe sind nicht so dolle.
Ein übersehenes Thema ist außerdem "Schmerz und Suizidalität". Ein nicht unerheblicher Anteil der Suizidanten tötet sich wegen chronischen Schmerzen (3000 bis 4000 pro Jahr). Jeder fünfte Schmerzpatient hat Suizidgedanken (Ich denke, da gibt's auch noch eine Dunkelziffer). Und solche Gedanken habe ich auch mal eine Weile gehabt, als ich das Gefühl hatte, dass ich nicht ernst genommen wurde, viele Mittel, Sportarten, Psychotherapie, Entspannungsarten und Psychopharmaka nicht gewirkt haben (es waren über 33 Methoden), die Ärzte aber einfach so weiter gemacht haben, weil sie die Ursache als teilweise psychisch angesehen haben, teils aber auch nicht ganz herausbekommen haben. Ich habe dann zum Glück wirksame Mittel bekommen (doch anfangs, da wollten sie mir die vorenthalten). Aber der Schmerzpatient wird schnell für einen Suchtie gehalten. Dabei gibt es klare Regelungen zur Einnahme und Beimischungen, um eine Sucht zu verhindern.
Aber in der Leitlinie zu psychosomatischem oder funktionellen Schmerz Schmerz steht weiter drin, dass man die Patienten einweisen soll, wenn sie wegen psychisch verursachter oder beeinflusster Schmerzen suizidal werden. Nur haben die längst oft mit Psychopharmaka, Sport, Psychotherapie, Physiotherapie, Entspannung etc. versucht. Was sollen sie denn dann in der Psychiatrie? Warum ist es nicht möglich, es mit stärker wirkenden Schmerzmitteln (man muss ja nicht die heftigsten und die stärksten Dosierungen nehmen) oder Muskelrelaxantien zu versuchen? In der Praxis machen das einige Schmerztherapeuten (auch wegen dem Schmerzgedächtnis, das sich sonst ausbildet), aber bei manchen anderen Ärzten und speziell bei Psychologen in den psychosomatischen Kliniken ist es verpönt.
Die Ärzte sehen ja den Zusammenhang zwischen Schmerzen und Depression, denken aber, dass er nur in eine Richtung verläuft. Man muss nur die Depression heilen, und schon geht der Schmerz weg. Das funktioniert aber oft einfach nicht, und es kann auch umgekehrt sein, dass Schmerz Depression auslöst.
Inzwischen geht es mir besser, aber wenn ich den Schmerz, den ich noch vor einem Dreivierteljahr in ziemlicher Intensität hatte, ohne Schmerzmittel hätte aushalten müssen, dann wäre es ganz schön schwierig gewesen, 30 Jahre ohne Suizidversuch weiterzuleben. Und ja, es gibt tatsächlich Gerichtsurteile von Fällen, dass sich Leute umgebracht haben, weil der Arzt zu wenig oder kein Schmerzmittel verordnet hat. Ich frage mich ja, was sie dann auf den Grabstein des Suizidierten schreiben: "Tja, nun ist er halt tot. Aber Hauptsache, er wurde nie süchtig!" vielleicht?