Der Therapeut fand meine Wortwahl unglücklich. Damals war ich 30, genau weiß ich nicht mehr, was ich geschrieben hatte. Aber ich bin der Typ, der sagt, was er denkt. Ich denke, dass ich ihr Vorwürfe gemacht habe und immer wieder geschrieben habe, warum hast du dies und warum hast du das gemacht. Wahrscheinlich hätte ich eh keine Antwort bekommen und gebracht hätten Vorwürfe nicht wirklich was. Als ich letztes Jahr die ersten manischen Züge hatte, rief ich sie an, weil meine Tochter nochmal einen Versuch mit Oma starten und sie besuchen wollte. Daraufhin rief meine Mutter die Polizei, die dann eines Abends (ich war echt noch nicht krank) vor der Küchentür (im Betrieb) stand und mich fragte, ob ich mir das Leben nehmen will. Da hat die gute Frau zweimal erlebt, wie ich in die Manie rutsche und anstatt meine Freunde und den Vater meiner Tochter anzurufen und zu fragen, ob es mir gut geht, ruft sie die Polizei. Ein Brief hätte also nichts gebracht, da sie ja nicht mal den Verlauf meiner Krankheit erkennt.
Ich bin auch sehr stolz auf meinen Lebensweg, mir hat keiner was geschenkt. Durch meinen Job konnte ich ja überall mal arbeiten und habe dabei echt viele verrückte und liebe Leute kennengelernt. Dieses Reisen fehlt mir. Sterneniveau ist mittlerweile auch nicht mehr meins, habe die letzten Jahre immer versucht, familienfreundlich zu arbeiten. Als ich noch allein war, hab ich mein komplettes Trinkgeld in "Essen gehen" in Restaurants der gehobenen Klasse ausgegeben, wir sind immer mit Gault Millau durch die Gegend gefahren:). Da hatten wir noch die D-Mark und ich bekam in einem Restraurant 1000 DM Trinkgeld im Monat - gefühlt wie eine Königin. Das war klasse, wir hatten immer viel Spaß. Gutes Essen, Trinken und zum Abschluss noch ne Tüte:)
Die letzten 3 Jahre war ich auch auf Spätzle/Knödelschiene, wie du sagst: gute Hausmannskost. Wenn das alles selbst und lecker gemacht ist, kann einem da auch einer abgehen:) Und Chefs wissen immer, wer die Malocher sind. Darum sind sie ja die Chefs. Meine letzte Arbeit fehlt mir. Die Leute nicht, aber die Arbeit. Denn die Küche war super modern: Induktionsfelder, Schockfroster, 2 Konvektomaten, Kipper(da konnte man in großen Mengen Kaiserschmarrn machen) und und und. Ich war morgens immer die ersten 3 Stunden allein bis der erste Hansl kam. Ich konnte so laut Musik hören wie ich wollte. Und dann habe ich leider ungefragt mal die Wahrheit gebrüllt:) Das war taktisch unklug und mir wurde zurecht gekündigt.
Nicole