Hallo,

für mich ist Tavor auch ein rotes Tuch und leider habe ich während meiner eigenen Klinikzeit so manch einen in Tavorentzug erlebt und manche Entzugschicksale schon dort haut nah miterlebt. Ebenso sehe ich Tavorabhängigkeit jede Woche bei meiner Arbeit. Tavor in Dauermedikation ist somit für mich Sucht auf Rezept, bzw. von Ärzten verordnete Abhängigkeit, vielleicht weil auch sie hilflos sind und außer noch weitere Medikamente aufzuschreiben, ihnen nichts weiter einfällt. Meist ja auch noch auf 2-3 Neuroleptika oben drauf.

Viele von denen die Tavor als Dauermedikament haben, waren oftmals nicht in psychotherapeutischer Behandlung und jene, die gern eine Therapie machen wollten, wurde im Vorgespräch mitgeteilt, dass sie unter Tavor keine therapeutische Behandlung angeboten bekommen.

Aus eigener Erfahrung kann ich (Gott sei dank) weder über Tavorabhängigkeit noch über Drogenabhängigkeit berichten, allerdings habe ich auch über eine Polytoxerin die Aussage, aus ihrem Erleben, dass sie Tavor-Entzug als schimmer empfunden hatte, als ihren Heroinentzug.

Da wir Menschen verschieden sind, wird es da Unterschiede geben und Weseker hat es wohl bei sich selbst anders erlebt und er wird sicherlich nicht der Einzige sein. Sogesehen kann man weder die eine Aussage, noch die andere Aussage als eine Pauschalausage hinstellen.

Ich würde sagen, Tavor, auch in der Niedrigdosierung, als Dauermedikation ist tückisch und die Abhängigkeitsgefahr ist enorm groß und das Ausschleichen nach einer längeren Dauermedikation gestaltet sich wohl häufig eher schwierig.

Tavor als Kurzzeitmedikation bei gut aufgeklärten Menschen und unter guter ärztlicher Kontrolle, mag durchaus sinnvoll und hilfreich sein.

Aber ich selbst würde wirklich schauen, ob ich, bevor ich Tavor auch in einer Niedrigdosierung als Langzeitmedikation in Betracht ziehe, ob ich wirklich alle anderen Optionen, nebst psychotherapeutischer Unterstützung wirklich schon ausgereizt habe.

Und zur Frage der Qualifikation: Mag jemand auch seine Prüfungen abgelegt haben, gutes Buch und Fachwissen haben, aber Erfahrungswissen, bzw. Erfahrungsexpertise wird heute als wichtig anerkannt und gerade im Suchtbereich ist schon seit vielen, vielen Jahren die Erfahrungsexpertise ein wichtiges Standbein für ein gelingen eines Lebens in Abstinenz, bzw. aus der Suchtschiene heraus.

Deshalb ist das Ausspielen von Fachkompetenz hier nicht angebracht. Eher kann man da die Erfahrung im Umgang mit abhängigen Menschen in die Diskussion einbringen, die sehr unter Entzugserscheinungen gelitten haben oder eben nicht von der Substanz los kamen, was ja auch ein Erfahrungswissen als begleitender Mensch ist.

Viele Grüße Heike

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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.

"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.01.20 12:17.