Hallo Christine,

gerne möchte ich dir auf deine Fragen antworten, auch um einige deiner Befürchtungen zu zerstreuen:

> Lebst Du es auch? Hast Du eine Partnerin/Partner mit
> der/dem Du diese Neigung auch ausleben kannst?

Diese Frage kann ich eindeutig mit JA beantworten, was den Partner betrifft. Was den Alltag betrifft, da gab es schon Situationen, wo ich das Gefühl hatte, er bestimmt unser Zusammensein. Da ich ein sehr emotionaler Mensch bin und meinen Mißmut darüber nicht verbergen konnte, war die Folge einige "heftige" Gespräche (heftig, weil es uns an unsere emotionalen Grenzen gebracht hat) und ich habe erst heute darüber nachgedacht, ob es noch immer so ist. Nein, es hat sich verändert, denn wir bestimmen beide unser Zusammensein.

Hast Du einen Partner der
> einerseits Deine Neigung teilt/vervollständigt und
> andererseits um Deine Krankheit weiss?

Mein Partner weiß um meine Krankheit. Er steht meinen depressiven Phasen auch oft recht hilflos gegenüber, weil er diesen Gemütszustand einfach nicht nachvollziehen kann. Doch er ist auch dann, in der Depression, immer wieder da, fängt mich auf und führt mich hinaus. Mir ist klar, daß nicht er das Rezept gegen die Depressionen ist. Im Gegenteil, er ist immer wieder der Auslöser (der Auslöser, nicht der Grund). Die Situationen, die meine Depression auslösen lassen sich einfach nicht vermeiden. Doch die Gefühle dabei sind absolut irrational. Mein Drama ist, daß ich das weiß. Doch in dem Moment ist es so, daß ich keinen Zugang zu meinem Denken mehr habe. Wie ein Kurzschluß, wie wenn die Stromzufuhr zu meinem Gehirn abgeschnitten wäre. Die Beziehung zu meinem Freund betrachte ich als ein Geschenk, denn noch niemals hat mich ein Mensch auch in diesem seelischen Schmerz, den eine Depression mit sich bringt so sehr in sein Herz geschlossen ohne sich selbst dabei zu verleugnen. SM- Sessions können in so einem Moment auch nicht laufen und tun es auch nicht.


Gerade das ?fallen
> lassen? ist, streng genommen, eine Depression.

Da muß ich dir widersprechen. Das Fallenlassen (im SM-bereich) geschieht nie im Moment der Depression, denn im diesem Moment könnte ich mich niemals fallenlassen. In der Depression versuche ich mich eher verzweifelt festzukrallen an alles Mögliche. Fallenlassen ist eine Kunst des Loslassens, der ich im Moment meiner Depressionen nicht fähig bin.

Hier liegt bei
> dem top so ziemlich die grösste Verantwortung, veranlasst er
> doch diese Depression und holt Dich dann wieder heraus.

Die Depression "veranlasst" er nicht. Er löst sie aus, ja.
Doch er veranlasst sie nicht, weil er das will oder so. Es liegt einfach auch daran, daß wir einen sehr unterschiedlichen Rythmus haben, im Schlafbedürfnis z.B.
(mir reichen 7 Stunden, er braucht fast das doppelte).
Daß er der Auslöser ist, das weiß er. Dennoch würde ich niemals von ihm verlangen oder erwarten, daß er diese Situationen vermeidet, denn dann wäre er nicht mehr er selbst.

Nun
> kann er aber nicht wissen wie tief Deine Depression (in
> diesem Falle die Krankheit) ist und hat somit nicht die
> geringste Chance Dich dorthin zu heben wo Du eigentlich
> hinwillst. Ich hoffe Du kannst meinen Gedankengängen folgen.

Ich kann dir sehr gut folgen. Vielleicht mag es jetzt den Eindruck machen, daß nur er gibt. In vielen Dingen bin ich auch diejenige, die ihn führt, und in den Dingen, wo ich besser Bescheid weiß, da holt er meinen Rat ein, bittet mich um Hilfe. Er kann meine Depression zwar nicht nachempfinden, doch er ist da und hört zu und nimmt auch diese Seite sehr ernst.
Das hört sich jetzt sicherlich wie die Lobeshymne einer frisch Verliebten an, ich weiß. Doch es ist einfach auch so.
>

> Lass mich bitte wissen ob Du verstehst was ich sagen will.
>
Vielen Dank für deine Worte. Ich hoffe, an meiner Antwort erkennst du, daß ich sehr gut verstehe, was du damit sagen willst.
Ich sehe meine Depressionen ein wenig als Ursache für meine Neigungen, sehe meine Neigungen nicht als Patentrezept, die Depressionen loszuwerden. Ein wenig sehe ich sie als Kompensation, als Katalysator. Und ich sehe es als ein Geschenk, einen Partner zu haben, der auch diesen Weg mit mir geht.

Liebe Grüsse
Alex