ich finde es interessant, Deine Überlegungen zu lesen, weil ich just in den letzten Tagen über diesen Zusammenhang auch nachgedacht habe. Nun bin ich keineswegs scharf auf das Ausleben einer solchen SM-Neigung, wundere mich eher darüber, dass ich auf den Gedanken kam, dass vielleicht die Sexualität auch dieses Zeichen der Polarisierung wie MD trägt. Näher betrachtet ist es aber wahrscheinlich eher folgerichtig. Sexualität zu er-leben, durchaus auch in der Onanie, ist eine der körpereigenen Möglichkeiten die depressiven Gefühle abzuwehren. Aber es ist und bleibt eine Abwehr, es drückt sich darin kein Begehren aus. Ich kenne mich mit den SM-Aktivitäten nicht in der Praxis aus, aber ich habe häufiger schon darüber gelesen und mich beschäftigt schon sehr dieser Anspruch: Respekt, Verantwortung, Vertrauen - dem/der PartnerIn gegenüber und ich frage mich, wie das, was ich aus sogenannten "normalen" Beziehungen als das Schwierigste herzustellen kenne, in einem solchen Arrangement funktioniert. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass solche anspruchsvollen charakterlichen Haltungen wirklich via Regeln und deren Befolgung herzustellen sind....
ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass diese Haltung, ohne eine Beziehung zu haben, durchgehalten wird.
Aber vielleicht ist eine solche Konstruktion ja tatsächlich wie ein Vertrag handhabbar. Aber wird dann die Sexualität nicht wirklich sehr funktionalisiert, vertechnisiert, also letztlich doch wieder abgespalten und nicht integriert.
> Und doch denke ich, für mich einen Weg gefunden zu haben ,
> die seelischen Schmerzen, die eine Depression mit sich
> bringt, zu kompensieren. In den Schmerz, den die Seele erlebt
> den Körper miteinzubeziehen. Der Körper erlebt anders als die
> Seele. Eine Umpolung des Schmerzes sozusagen, um der Seele
> etwas an Last zu nehmen.
Diese Passage in Deinem post ist es, die mich zum Anworten
brachte. Warum den Schmerz kompensieren ? Warum nicht den Schmerz ausleben ? Wie könntest Du Dir z.B. das Ausleben von Schmerz vorstellen. Ich konnte mir zum Beispiel vor vielen Jahren nicht vorstellen, wie tief meine seelischen Schmerzen saßen und wie lange ich aufgrund psychischer Schmerzen weinen werde. Manchmal dachte ich schon in den vergangenen 10 Jahren, dass ich beginne, diesen Schmerz zu lieben und es genieße so zu leiden. Das stimmt aber nicht. Ich bin ein fröhlicher Mensch, heiter und ich habe Humor und ich liebe es zu lachen. Aber inzwischen weiß ich auch, wie subtil die Verletzungen im menschlichen Miteinander entstehen und dass sie meistens durch andere zugefügt werden, sei es durch uneinfühlsames Abblocken, sei es durch neidische Attacken ... manchmal durchaus ungewollt.
Ich gebe Dir im übrigen vollkommen Recht, dass der Körper eine wichtige Rolle spielt und unbedingt einbezogen werden muss. Dort, im Körper sitzen die Gefühle und Affekte. Was im Körper nicht gelöst wird, wird auch nicht durch den Kopf lösbar.
Du schreibst, dem Körper etwas von der Last zu nehmen.
Ich glaube, Last wirst Du eben auf Dauer wiederum nur psychisch = d.h. durch den Kopf und die Psyche, los.
Das kann also nur heißen: im ZusammenSPIEL von Körper und Psyche.
Ich habe es so erfahren, dass sich die seelischen Schmerzen in meiner psychischen Produktivität = Träume und Wahrnehmungen meiner Empfindungen, das Einordnen und beschreiben derselben auflösten. Ich bin manchmal noch ein bißchen langsam und viel zu oft allein, aber nicht mehr depressiv. Ich beginne meine gute Stimmung nicht als Euphorie zu deuten und mir die Laune nicht verderben zu lassen von anderen. Ich habe auch schon ganz gut Zugang zu einer gehörigen Portion Kampfgeist, will sagen Zugang zu meiner aggressiven Seite, die ich unterwegs über die Jahre irgendwie verloren hatte :-)
Wie sollen wir leben, wie sollen wir lieben ?
Tja, ich glaube, darauf kann es heutzutage keine allgemeingültigen Antworten mehr geben.
Aber diese Fragen brennen doch noch immer.... und ich möchte diese Flamme auch nicht verlöschen sehen !
Gruß
Lucy