Hallo,
ich habe vollstes Verständnis für die Sorgen und Nöte derer, die wirklich in dem neuerlich Lockdown um ihre Existenz fürchten. Die Gastronomen,die Schausteller, die Künstler, die Betriebe, die von den Events abhängig sind und all die Arbeitsstellen, die daran hängen. Dass diese Menschen zurrecht einige Maßnahmen zumindest in Frage stellen, ist legitim und Verständlich.
Für diese Menschen, die wirklich existentielle Not haben, ist das tragen einer Maske wohl nur ein Fliegenschiss. Sie würden wohl tausend mal lieber stundenlang eine Maske tragen und dafür weiter arbeiten dürfen, als jetzt ohne Maske den Betrieb still legen zu müssen.
Durchaus finde ich es Legitim die neueren Regeln auch in Frage zu stellen, wenn sie in den Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt werden oder wenn bei einigen etwas erlaubt wird, was anderen versagt bleibt und die Logik deshalb nicht greifbar ist.
Doch kann ich mir vorstellen, dass diese Zeiten selbst hypomanische bis manische Phasen begünstigen könnten. Nicht die Maske löst es direkt aus, sondern wohl die besondere Stimmung, die Unsicherheiten und das wir bisher noch keine wirkliche Perspektive haben, um zu wissen wo es in Zukunft hin gehen wird. Wir können nicht wirklich planen und manche funktionierende und haltgebene Struktur ist nur noch eingeschränkt verfügbar oder fällt ganz weg.
Sicherlich mag es auch Menschen geben, die wirklich aus gesundheitlichen Gründen, z.B. Astmathiker, oder durch Traumata und Ängsten getriggerte Menschen, die Schwierigkeiten mit der Maske haben. Doch nach dem Lesen von weiteren Einlassungen von Roquentin, habe ich dort zumindest das Gefühl, dass das hier weniger der Fall ist.
Ich habe eher den Eindruck, hier in diesem Fall geht es eher um das Schwimmen gegen den Strom, um Grenzen zu überschreiben, um sich überlegen zu fühlen. Da verfangen sich populistische Phrasen und teils auch Verschwörungtheoretische Bilder, die im Internet zu hauf zu finden sind.
Da kann ich mir gut vorstellen, dass eine beginnende Hypomanie da gut Futter bekommt und die Maske zu verweigern ist eben das leichteste Mittel, um Aufmerksamkeit zu bekommen, eine selbsterfüllende Prophezeiung in Gang zu setzen und eben Grenzen zu überschreiten.
Keine Frage, dass das Maske tragen wohl von vielen nicht gerade das tollste ist. Keine Frage, dass es eben auch manchmal stört und unangenehm ist. Keine Frage, dass wir auch der Politik immer wieder auf die Finger schauen müssen, ob sie ihre Kompetenzen und Möglichkeiten nicht auch überschreitet. Aber vielen geht es beim Verweigern der Maske eher ums Prinzip und nicht um ein wirkliches Problem.
In den 70/80er Jahren hätten sich viele Demonstranten über ein Vermumungs-
Gebot gefreut, denn sie sahen ihre Freiheit dadurch eingeschränkt, dass es ein Vermumumgs-
Verbot gab.
So ändern sich halt die Zeiten.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).