Moin Heike,
eigentlich schlägst du damit genau in meine Bresche, das meinte ich mit - 'es liegt an uns.'
Also den einzelnen Menschen...die zusammen Wandel hervorbringen können, erst in den Köpfen, dann in der Realität.
Das Problem beim Katholizismus sind nicht die Katholiken an sich, sondern die Struktur der Kirche, die einen unfehlbaren Papst im Konzept hat und damit eine weltliche wie religiöse Diktatur ist.
Diktaturen waren immer schon sehr stabil, sind aber in diesem Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß, in dem sich beinahe jeder Mensch auf Erden per Internet Bildung und Informationen verschaffen kann.
Verneint man dieses Kirchenkonzept, ist man de facto kein Katholik mehr.
Da ist die katholische Kirche ganz klar. Wer sich dem nicht unterwirft, muss sich eine andere Kirche suchen.
Alles andere ist Doppelmoral. Und die ist aus genau diesem Grunde innerhalb dieser Kirche immens weit verbreitet.
Quasi jeder gebildete und aufgeklärte Katholik muss damit leben.
Das steht an Fundamentalismus und Rückständigkeit den fundamentalistischten Strömungen anderer Glaubensrichtungen in nichts nach, eher noch das Gegenteil.
Es wird uns nur nicht so bewußt gemacht, wie bei anderen Religionen, gegen die seit einem Jahrzehnt intensiv gehetzt wird.
Worum es im Moment bei diesem Gesetz geht, ist, dass die Religion über das Grundgesetz gestellt werden soll.
Und da hat die Katholische Kirche eine ganz klare Haltung.
Da stehen auf einmal Katholizismus, Islam und Judentum in einer Reihe.
Nämlich: Ja, Religion ist höher zu bewerten, als das Recht des Einzelnen auf Unversehrtheit.
Gefällt uns eine demokratische Staatsverfassung nicht, berufen wir uns auf Toleranz gegenüber traditionellem Kirchenrecht (welcher Kirche und welcher Religion auch immer) und erwirken einfach ein Ausnahmegesetz.
Das heisst auch: Eure weltlichen Gesetze gelten nichts, wir machen trotzdem was wir wollen, und das wollen wir nun auch noch verbrieft schriftlich haben und gesetzlich verankert.
Die Diskussion ist also mitnichten eine Diskussion über Vorurteile gegenüber Juden und Muslime, sondern eine Diskussion über das Recht des Einzelnen gegenüber der Macht von Kirchen.
Und auch des Rechtes eines Kindes gegenüber den Rechten der Eltern. (Wobei das Kind in diesem Falle den Kürzeren ziehen soll.)
Allerdings - sehr clever - wird dieser Testballon politisch-populistisch perfide durch die Konservativen ausgenutzt, was durchaus mit der hitzigen Diskussion dieser Gesetzesvorlage beabsichtigt war.
Egal wie die Verfassungsrichter entscheiden, die konservativen Parteien haben einen Nutzen daraus. Entweder stehen sie als tolerante Schlichter da oder ziehen Nutzen aus der rechtslastigen Diskussion.
Ob das von Frau Leuthäuser-Schnarrenberger so beabsichtigt war, lasse ich mal dahingestellt.
Statt Einzelfallentscheidungen nach deutschem Recht, sollte es eine bequeme Entlastungsgeneralentscheidung geben. So ja die Begründung. Aber so einfach darf man es sich bei den Grundrechten nicht machen.
LG,
M.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.10.12 15:28.