Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

06. 01. 2015 19:59
Grüße Dich, BP1994,
Du hast völlig recht - die Abwesenheit von Leid allein sollte nicht reichen - Du hast natürlich genauso recht, wenn man tiefe Dankbarkeit empfinden darf, wenigstens so etwas schon erreicht zu haben.
Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich sehr, sehr wenige Menschen in unsere Situation hineinversetzen können, am allerwenigsten Menschen, die die Grenzen des "normalen" Lebens noch nie überschritten haben.
Ich habe mich früher immer darauf reduzieren lassen, dass "man sich halt zusammenreissen muss" - was anderes bleibt denn übrig, wenn einem ein (ebenfalls) Chefarzt sagt, dass es für mein "Krankheitsbild" eben nichts gibt. Das war in den 80-ern, und hat mich unglaublich deprimiert. Ich wollte es auch nicht wahrhaben, geschweige denn akzeptieren - und so landete ich bei Drogen, die wenigstens -neben all dem Mist, den sie erzeugt haben - auch ein wenig geholfen haben. Aber eben auch nur ein wenig, weil nicht nachhaltig, und vor allem Ärger verursacht haben. Ich hatte mir immer gesagt "jeder, der starkes Kopfweh hat, hat doch das Recht, was dagegen zu nehmen...
Aber so habe ich die Chance verpasst, Arzt zu werden.
Dann kam Lithium, das ich 2 Jahre genommen habe - und das mir ein ähnliches Bild gab, wie Du es beschreibst. Leider war das Ende der Depression auch alles - hab mich wie ein gleichförmiger Robo gefühlt, und überhaupt keine Upswings mehr - die einzige Zeit, wo ich mich überhaupt wie ein fühlender Mensch empfunden habe. Andere wiederum hätten diesen gleichförmigen Zustand vielleicht wieder gut und richtig empfunden. Es lässt sich halt einfach nicht über einen Kamm scheren.

Jatrosom:
Ich hab gar keinen Respekt davor. Ist das nicht ein AD? Ich hatte nur gelernt, dass "aktivierende AD's" grundsätzlich das Risiko des switches beinhalten, je nachdem mehr oder weniger. Ich glaube nur, dass die Auslöser unserer Krankheit/Behinderung so unterschiedlich sind, dass man das gar nicht generell sagen kann - und Dir gehts ja zumindest so gut, dass die downs nicht mehr da sind, oder zumindest nicht so schlimm, wenn ich Dich richtig verstanden habe.

Ich weiß nur eines: Wenn man nicht experimentiert, gibt es auch keine Möglichkeit, an seinem Zustand etwas zu optimieren. Persönlich (!!) habe ich die Erfahrung gemacht, dass sämtlichen Verhaltens- und Analyse- und sonstigen Therapien gar nichts bringen - zumindest im Vergleich zur optimalen Medikation. Da ich das große Glück hatte, einen 6-er im Lotto zu haben eben durch die (zufällige) richtige Medikation, durfte ich auch die Erfahrung machen, dass ich innerhalb von nur 8 oder 9 Tagen zu einem Menschen wurde, der mehr oder weniger plötzlich funktionierte - so, wie ich mir normales Leben immer vorgestellt hatte. Für mich war es Carbamazepin, evtl. - so genau lässt sich das nicht nachweisen - in Verbindung mit Fluoxetin, das ich vorher, ohne größere Wirkung, schon ein paar Monate genommen hatte. Dann: jahrelang keine Ärzte oder Klinken mehr. Eine Wucht. Was dann geschah bzw. später, hatte ich im ersten Post geschrieben.

Wenn Du nicht ganz zufrieden bist, würde ich also auf gar keinen Fall aufhören, nach Verbesserung zu suchen - es scheint grundsätzlich möglich zu sein - und wenn ich so lese, was die einzelnen Personen bei sich für gut wirksam erachten, ist das Spektrum riesig groß. Und nicht etwa die A-Empfehlungen. Zumindest empfinde ich das subjektiv so.

Nochmal zu Chefärzten: Hab mich vor 8 Jahren in die Obhut eines solchen begeben, um unter fachlicher Begleitung zu sein. Hab auch ganz schön geblecht dafür. Fühlte mich damals stabil "gut drauf", aber argwöhnte, dass ich eigentlich spinne, wenn ich das Angebot eines US-Unternehmens, deren Geschäftsführer für Deutschland zu werden, annehme. Sagte zum Chefarzt "bin mir nicht sicher, ob ich jetzt abhebe" - der darauf "tun Sie's, sonst ärgern Sie sich später noch" - ich tat es - mit fulminantem Crash, nach einigen depressionen, während derer ich bei wichtigen Verhandlungen den Mund nicht mehr aufgebracht hatte. Ich darauf zum Chefarzt "hätte ich nicht vorsichtiger sein sollen mit meinem Hintergrund?" Darauf er:"Man muss doch seine Erfahrungen machen - im übrigen gehe ich nächste Woche in Rente, wir sehen uns heute zum letzten Mal..." Ich war sowas von stocksauer, darf ihm zwar nicht mein persönliches Versagen vorwerfen, aber er hätte mir durchaus sagen können, dass eine stabile Phase von einem Jahr nach meiner ganzen Leidenszeit noch lange nicht bedeutet, dass diese Stabilität 5 Jahre dauert, oder gar 10 bzw. für immer. Denke, es war ihm shitegal, Hauptsache, Kohle kassiert. Habe einige solcher Erfahrungen gemacht, daher bin ich auf 9 von 10 Ärzten eben nicht gut zu sprechen. Aber, wie gesagt, rein persönliche Erfahrung. Eines ist aber mal ganz gewiss: Nachdem immer noch niemand wirklich sagen kann, was der echte Hintergrund unserer Störung ist, ist eben noch einiges an Schamanismus dabei...
Für mich gibt es nur eines - selbst ausprobieren, selbst aktiv werden - natürlich jedoch nicht ohne Arzt für alle Fälle, aber die Sache lenken muss man eigentlich selbst. Nur Du kannst wissen, wie gut es Dir wirklich geht, nur Du kannst Deine Lebensqualität einstufen.

Für mich beginnt ja die Suche auch wieder, nachdem meine Medis nicht mehr verlässlich wirken (aber immer noch besser als ohne).

Darf ich Dich mal fragen, ob Du "echte Manien" hattest oder eher im hypo-Bereich herumschwirrst? Wenn ich Deine Texte richtig interpretiere, hast Du hauptsächlich deutliche Depressionen mit seltenen hypoman. Phasen, oder? Wenn die dann da sind - geniesst Du sie, oder empfindest Du sie als Bedrohung?

Sorry, jetzt hab ich schon wieder so ne Fahne geschrieben - hoffe, damit nicht zu nerven.
Schönen Abend und LG
BM
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Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

BlueMoods 2435 03. 01. 2015 17:39

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

dino 578 03. 01. 2015 19:04

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

BlueMoods 741 03. 01. 2015 20:50

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

Bipolar1994 462 04. 01. 2015 07:34

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

BlueMoods 480 04. 01. 2015 20:28

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

Bipolar1994 487 04. 01. 2015 23:31

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

BlueMoods 357 04. 01. 2015 23:57

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

Bipolar1994 921 05. 01. 2015 07:10

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

BlueMoods 373 06. 01. 2015 19:59

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

Bipolar1994 331 07. 01. 2015 16:11

Re: Das Ende des Glücks - wenn Medikamente nicht mehr wirken

BlueMoods 392 07. 01. 2015 23:21

Re: @BlueMoods

Bipolar1994 276 08. 01. 2015 08:21

Re: @BlueMoods

BlueMoods 297 08. 01. 2015 10:00

Re: @BlueMoods

Bipolar1994 281 08. 01. 2015 11:41

Re: @BlueMoods

BlueMoods 429 08. 01. 2015 15:31

Re: @BlueMoods

Bipolar1994 376 09. 01. 2015 08:09



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