Guten Morgen Zuma,
ich persönlich steh total auf Deine offene Art zu schreiben. Ich kann sehr viel davon für mich mitnehmen.
Nur ein wenig über Depressiönchen und schlechte Stimmung schreiben, erreicht mich nicht.
Unsere Krankheit kann ziemlich brutal sein, wenn ich ständig mit 200 km h auf der Überholspur fahre.
Manchmal ist der Leitplanken reizvoll, um alles hinter sich zu lassen.
Ich habe schon als junge Frau das Buch und den Film Christiane F. gelesen und das hat mich so verstört,
dass ich mir geschworen habe, nie, nie Drogen zu konsumieren.
Alkohol war für mich das Mittel meiner Wahl, trotz alkoholkrankem Vater u.a. Ich verband Alk. mit Eleganz
und Klasse und vor allem dosierbar. Ich bestimme wo, wann und wie.
Welch Trugschluß, wie Du es beschrieben hast, habe ich mich bald verändert. Meine eher zarte Seele,
wurde hart und ich veränderte mich unangenehm. Das sehe ich heute so, in der Rückschau. Ich bin ja
auch schon über 50 und habe damals mir über das Morgen null Gedanken gemacht, das sehe ich jetzt
schmerzlich an meiner Rente. Ich wollte feiern, Geld verdienen, ein wenig kriminell sein und vor allem
Spaß haben. Nie hielt ich es lange irgendwo aus, weil ich so ein fürchterlicher Trotzkopf bin.
Ich konnte null mit Geld umgehen und habe lieber vom obersten Regal genommen. Heute bin ich
sparsam geworden und liebe die Überschaubarkeit und meinen leeren Briefkasten. Ich war immer
getrieben und mein Hamsterrad machte es mir unmöglich auszusteigen.
Das hat dann meine Erkrankung für mich getan. Wer nicht hören will.....Ich komme sehr schlecht mit
Ruhe zurecht, weil es immer unruhig war.
Gepaart mit meiner Erkrankung, kann ich auf ein ziemlich wildes Leben schauen. Nicht alles war schlecht,
jedoch gänzlich fernab vom Gut Bürgerlichen.
Ich finde auch, dass sich nur auf den Medikamenten ausruhen, zu kurz gesprungen ist. Ich musste erst mein
Leben ordnen, bevor ich zumindest für Heute ein wenig zur Ruhe kam.
Heute fühle ich mich sehr verwundbar, weil ich ja keinen Alk. und keine Benzos mehr habe. Ich zeige mich
so wie ich bin und das ist nicht immer nur nett.
Frauen sind nicht immer nur nett und lieb und Männer sind nicht immer nur stark und dominant. Ich bin
der Meinung, je mehr wir unsere männlichen/weiblichen Anteile bekämpfen und nicht zulassen, umso
mehr geraten wir ins Ungleichgewicht.
Ich hoffe, es kann mir noch jemand folgen. Mein Partner ist ziemlich männlich, aber er scheut sich nicht davor,
den Kochlöffel für uns zu schwingen. Ich kann durchaus auch meinen Mann stehen und für meine
Lieben kämpfen, wenn es um ihre Sicherheit ging. Da wurde ich zum Löwen.
Manchmal fühle ich mich wie Michel aus Lönneberga. Dann könnte ich schon wieder was anstellen. Der
Zustand ist mir jedoch lieber als depressiv im Bett zu liegen und auf mein Ende zu warten.
Als ich das letzte Mal im Krankenhaus depressiv lag und den A...nicht mehr hoch bekam, kam immer
eine liebe türkische Putzfrau und wischte um mich herum.
Ich tat ihr so leid und sie versuchte mich ein wenig aufzumuntern. Ich verstand zwar nicht viel, aber sie
war wirklich lieb und ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie arbeitet und ich herum lag und nicht
aufstehen konnte.
Ich finde es super von Dir Christian, dass Du das angenommen hast, was Dir gesagt wurde. Ich lasse
mir auch nur sehr schlecht etwas sagen, da durch meine div. Süchte zumindest ich noch ziemlich
pupertär bin, da ich ja mit 14 J. angefangen habe zu trinken.
Ich reife also nach, wie ein alter Wein, oder von mir aus Käse.
Lieben Gruß
Turicum