Ich werde dir jetzt etwas aus der anderen Perspektive schreiben, nämlich aus der, des Menschen der depressiv ist und sich das Leben nehmen will: Ich war jahrelang so innerlich depressiv und es hat genauso geendet wie bei deiner Tochter, mit Polizei und Psychiatrie wegen Selbstmordversuch.
Nun, ich muss dir sagen: Menschen sind sehr, sehr gut darin, ihre Depression und suizidale Tendenzen zu verheimlichen. Darum hast du nichts gemerkt. Lass dich das aber nicht schuldig fühlen - denn kein Mensch kann Gedanken lesen, kein Mensch hat eine Glaskugel mit der er in die Zukunft sehen würde.
Zu deiner Situation jetzt, dreh den Spiess um: Mach dich nicht fertig, weil es soweit gekommen ist, sondern sieh es um 180° Grad anders. Durch den verhinderten Suizid hast du und deine Tochter jetzt die Chance, alles nochmal zu ändern, den Weg mit Therapie und Medikamenten zu gehen. Und ich kann dir sagen, es gibt Hoffnung, man kann das schaffen.
Verschwende nicht Zeit, darüber zu rätseln warum du nichts gemerkt hast vorher, sondern: Schau wie du am effektivsten Hilfe leisten kannst. Es wird wahrscheinlich für deine Tochter eine Langzeit-Therapie mit Medis sein, aber nochmal: Es gibt Hoffnung, alleine die Medikamente können eine Depression gut behandeln.
Die wirkliche grösste Katastrophe wäre gewesen, wenn deine Tochter gestorben wäre. Darum, sieh es als zweite Chance, das der schlimmste Kelch an dir vorüber gegangen ist. Ihr könnt jetzt nochmal alles korrigieren, alles neu machen und wieder nach oben kommen. Es ist nicht vorbei, denn deine Tochter ist nicht tot, sondern lebt.
Zur Hilfe, versuch wenn es dann in Richtung Entlassung aus der (zumindest geschlossenen) Psychiatrie gehen wird, möglichst klar zu denken: Was können wir tun? Welche Ärzte und Psychiater gibt es für eine Therapie in deiner Umgebung? Welche Medikamente könnten helfen? Wäre z.B. betreutes Wohnen etwas wenn deine Tochter wieder heraus kommt?
Jetzt werde ich nochmal meine Erfahrung erzählen: So hart die Zeiten im Sturm sind, es geht vorbei. Man kommt wieder aus der Psychiatrie, ich habe mit Antidepressiva wieder Sinn im Leben gesehen und meine Suizidalität habe ich später dann komplett überwunden. Es geht, es ist möglich.
Das mit der Psychiatrie ist bei mir jetzt 20 Jahr her, aber es war damals nicht weniger schlimm. Nur, nach all der Zeit kann ich zurückblicken und sagen, ich habe überlebt, mein Leben umgekrempelt und bin heute frei von suizidalen Gedanken.
Deine Tochter kann das auch, diesen Weg gehen, Hilfe suchen und annehmen und dann geht es wieder bergauf. Sprich mit ihr, was sie dazu geführt hat, wo die Probleme liegen, wo zuviel Druck ist und was sie und ihr gemeinsam ändern möchtet. Ihr packt das!
Gruss
Wesker
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