Hallo Cornelia,
sicher gebe ich dir Recht, das "ein gutes Bauchgefühl" und die Absetzgeschwindigkeit keine gute Grundlage für ein Absetzversuch sind und einiges mehr. Aber nicht jeden Menschen erreicht man damit, dass man ihm in der Art und Weise zu verstehen gibt, dass er "gar nichts weiß" und eher ihm das Wissen mit der Hammermethode eintrichtern möchte.
Es muss nicht immer gleich alles Antipsychiatrie sein, die ich durchaus auch real kenne, wenn Menschen sich eigene Methoden und Möglichkeiten suchen. In der heutigen Fachliteratur wird immer mehr darauf hingewiesen, dass man die Menschen einfach mitnimmt und sie an Überlegungen teilhaben lässt, wo sie auch ihre eigenen Ideen einbringen, die nicht immer mit denen übereinstimmen, die ein Professioneller sich so denkt.
Aber in einem Miteinander kann nach einer Lösung gesucht werden, dass zielt eher auf eine Nachhaltigkeit, worin auch irrtümliche Wege enthalten sein können. Die Nachhaltigkeit besteht darin eine vertrauensvolle Basis aufzubauen, in der ein Wachsen möglich ist, hin zu mehr Lebensqualität. Dies stärkt dann auch die Selbstverantwortung. Das ist ein Prozess. Die paternalistische Haltung der vergangenen Psychiatrie wird auch immer mehr innerhalb der Professionen hinterfragt, von Ärzten, von Therapeuten, vom Pflegebereichen ect. pp.
Das was du noch innerhalb der Antipsychiatrie verortest, wird schon längst in der Profession diskutiert. Ich bin ganz bestimmt kein Fan von der Antipsychiatrie und diejenigen, die ich kennen gelernt habe, waren mir viel zu ideologisch gefärbt und zu radikal. Dennoch haben einige Argumente ihre Berechtigung und deshalb werden sie auch immer breiter diskutiert und sogar beforscht.
Das was ich in Dienstbesprechungen, Fortbildungen, Diskussionsveranstaltungen und Vorlesungen erlebe, ist eine breite Diskussion. So eng, wie ich das hier im Forum manchmal empfinde, habe ich es dort nicht erlebt.
Viele Grüße Heike
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.07.17 22:32.