Unheimliche Stabilität

10. 01. 2024 13:15
Hallo zusammen!

Ich bin recht frisch als bipolar diagnostiziert, war zuvor seit 10 Jahren «offiziell» depressiv aber hatte schon so einen Verdacht… Antidepressiva und Therapie haben nie funktioniert, die manischen Episoden und psychotischen Symptome wurden immer häufiger und auffälliger. Da ich selbst aus der psychologischen "Ecke" komme, entschloss ich mich dafür das Thema bei meiner Therapeutin anzusprechen, obwohl die manischen Phasen für mich eine Erleichterung von der Depression bedeuteten.

Seit Kurzem nehme ich nun 2x 450mg Lithium retard pro Tag. Ich bin Medikamenten gegenüber sehr skeptisch eingestellt und nehme es nur, weil es anders wirklich nicht mehr ging. Medikamente oder Klinik war der «Deal». Umso mehr überrascht bin ich, wie gut Lithium bei mir anschlägt. Ich bin zum ersten mal so richtig «stabil», habe keine Suizidgedanken, grüble nicht mehr, bin weniger impulsiv und aggressiv. Ich habe das Gefühl, die Welt und mich selbst endlich realistisch wahrnehmen zu können, bin nicht mehr paranoid. Die regelmässigen Blutkontrollen sind ein notwendiges Übel, mit dem ich aber gut leben kann. Mein Körper hat sich sehr schnell gewöhnt. Eigentlich alles nur Gründe, um dankbar und zufrieden zu sein.

Aber irgendwie fühlt sich das alles komisch an. Unheimlich. Ich kann diese ungewohnte Stabilität noch nicht wirklich geniessen. Ich habe mich so viele Jahre über meine psychischen Beschwerden definiert, dass ich jetzt gar nicht richtig weiss, wer ich bin, wo mein Kopf so frei ist von Gedanken. Anfangs hatte ich sogar Angst, wenn ich mir im Spiegel in die Augen blickte. Es fühlte sich an, als wäre mein «wahres» Ich irgendwo begraben, wo es weiter vor sich hin leidet, es aber niemand mehr hört. Und eigentlich stimmt das ja: Ich bin nicht geheilt und das Bipolare in mir gleicht einem eingesperrten Tier, welches nur darauf wartet, dass ich einen Fehler mache, damit es wieder ausbrechen kann. Ich habe das Gefühl ich warte mit angehaltenem Atem darauf, dass meine Werte ins toxische gehen oder meine Nieren Probleme machen und ich Lithium absetzen muss, dass es plötzlich nicht lieferbar ist oder plötzlich nicht mehr wirkt und ich wieder da bin, wo ich war. Und dort wo ich war, kann ich auf keinen Fall hin zurück.

Kennt ihr diese Gefühle, diese Gedanken? Wie geht ihr damit um? Gewöhnt man sich an die Stabilität?

Ich danke euch für’s Lesen!

Lg Leaf
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Unheimliche Stabilität

leafthethief 1133 10. 01. 2024 13:15

Lithium ist bei Dir hinterlistig und gemein

Lichtblick 312 10. 01. 2024 18:24

Re: Lithium ist bei Dir hinterlistig und gemein

leafthethief 256 10. 01. 2024 22:29

Re: Lithium ist bei Dir hinterlistig und gemein

Friday 207 11. 01. 2024 13:01

Re: Unheimliche Stabilität

FLYHIGH 298 10. 01. 2024 19:03

Re: Unheimliche Stabilität

Sima 268 11. 01. 2024 00:41

Re: Unheimliche Stabilität

Zora 220 11. 01. 2024 06:10

Re: Unheimliche Stabilität

Hotte 192 11. 01. 2024 11:48

Re: Unheimliche Stabilität

Friday 245 11. 01. 2024 13:18

Re: Unheimliche Stabilität

zuma 225 12. 01. 2024 00:52

Vielleicht bist Du ein geübter Angstdenker

Lichtblick 267 12. 01. 2024 20:29

Re: Unheimliche Stabilität

Friday 169 14. 01. 2024 12:54

Re: Unheimliche Stabilität

Irma 293 14. 01. 2024 18:28



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