Liebe Judi,

Ich bin seit gestern wieder in der Klinik, war bis November da, hatte aber unerwartet einen totalen Rückschlag im Februar. Ich habe die Diagnose seit Mai 2020, seitdem ist es ein auf und ab. Gestern habe ich den ganzen Tag durchgehend geheult, nicht weil die Klinik (dritter Aufenthalt seit letztem Jahr) so schrecklich ist, sondern weil es sich wie ein Rückschritt anfühlte. Zudem habe ich zwei Kinder und es bricht mir das Herz, sie wieder alleine zu lassen, auch wenn sie gut versorgt sind. Aber ich kann wieder nicht da sein, fühle mich als Versagerin und schlechte Mutter.
Was für die Klinik spricht ist aber, dass man in Bezug auf die Medikamente gut einstellt werden kann. Es war ein langer, quälender Prozess zu akzeptieren, dass ich diese Erkrankung habe. Als ich jetzt im Januar jeden Tag stimmungstechnisch geschwankt bin, im Februar die Depression meines Lebens hatte, inklusive (Achtung Trigger) massiven Suizidgedanken, ging nichts mehr. Nach zig Einstellungsversuchen meiner Psychiaterin sah sie nur noch die Akkutbehandlung in der Klinik. Durch den Rückschlag habe ich endlich kapiert, dass ich tatsächlich diese Erkrankung habe. Ich habe mir lange Zeit etwas vorgemacht und wollte, mit viel Disziplin und Ehrgeiz, wodurch es sonst auch immer geklappt hat, diese Krankheit besiegen und wieder die Alte werden. Ich zerbreche gerade daran, dass mein Leben so anders ist und ich während der Wiedereingliederung wieder umgekippt bin. In der Klinik hast du aber die Chance, gut eingestellt zu werden und bekommst therapeutische Unterstützung. Gestern haben sie schon was neues angesetzt, nachdem ich so aufgelöst war und danach ging es echt besser und ich konnte seit Wochen wieder klar denken. Ich weiß, wie schwer das ist. In meinem alten Eintrag siehst du auch, wie ich letzte Woche noch damit gerungen habe. Emotional ist es gerade ein auf und ab, mal kann ich es positiv sehen, mal hänge ich in der Depression und bin total verzweifelt.
Es spricht aber einfach viel für die Klinik. Ich hätte nie gedacht , wie viel eine gute Medikation ausmacht. Ich war am Anfang so frustriert, dass ich überhaupt etwas nehmen muss, merke aber jetzt, was es ausmacht. Zudem trifft man nette Leute in der Klinik, ist nicht allein. Die therapeutische Unterstützung bringt dich einfach auch weiter. Gib dir die Chance, ich hatte auch so Angst davor. Aber ich will/muss weiterkommen, mein Mann ist total verzweifelt und ich auch, weil das mit der Krankheit so unberechenbar scheint. Ich erhoffe mir durch die Klinik einfach auch, Trigger herauszufinden und zu akzeptieren, dass ich mein Leben umstellen muss. An dem Punkt bin ich noch nicht. Ich hoffe, ich konnte dich ermutigen, den Schritt zu wagen und dir die Zeit für dich selbst zu nehmen. Ganz liebe Grüße



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 16.03.21 10:27.