Hallo JaquB
>
> Ich bin immer wieder erstaunt (entsetzt), wenn ich
> in 'Beziehungs-Threads' von Angehörigen, deren
> bipolare Partner mutmaßlich gerade in manischer
> Phase sind, vorschnell und leichtfertig
> dahingeworfen den Ratschlag lese, sie mögen sich
> am besten ganz schnell vom Acker machen.
>
> Wenn dann noch - in einem BiPo-Forum! - das
> Argument kommt, 40 Prozent (ach, wie kommt denn
> diese Zahl zustande bitte?) der Bipolaren seien
> beziehungstechnisch sowieso "die Hölle", frag ich
> mich ernsthaft, ob ich hier im falschen Forum
> bin.
Das hab ich doch gar nicht gesagt. Im Gegenteil: ich habe gesagt, dass 60% von uns nüchtern betrachtet in Beziehungen auch nicht schwieriger oder leichter sind als Normalos. Nur eben auf andere Art. Ich hab also eigentlich FÜR uns argumentiert.
Das heißt im Konterschluss nicht, dass die übrigen 40% gleich beziehungsunfähig oder "die Hölle" sind. Aber in diesen letzten 40% sind die 20% enthalten, die sich umbringen. Bleiben 20% mit wirklich krassen Symptomen. Da braucht es schon einen seeeehr speziellen Partner um mit sowas vernünftig umgehen zu können. Scheitert der Versuch schlägts dem Partner tiefe Wunden und auch dem Bipolaren tuts weh (schlechhtes Gewissen, wieder mal was zerstört, etc.) Sprich: gehts schief verlieren beide. Frustration und Verbitterung sind die Folge: die Hölle.
Und jetzt mal im Ernst:
Welcher "Clueless" da draußen entwickelt in solch einem Fall die nötigen Kompetenzen, um so eine Beziehung zum Funktionieren zu bringen? Eine handvoll vielleicht. Und wenn der Bipolare keine Krankheitseinsicht hat, wirds doppelt schwer.
Genau so einen Fall haben wir hier. Ergo rate ich davon ab.
Das fällt mir auch nicht leicht. Das schüttel ich nicht mal eben so aus dem Ärmel. Mir geht mein Singeldasein extrem auf den Keks, und nichts würd ich mir sehnlicher wünschen als da draußen jemanden zu finden, der mit mir umgehen kann. Mir also indirekt durch abraten ins eigene Knie zu schießen ist sicher nix, dass ich mal unbedacht eben so mache.
Aber Manien sind nunmal eine verflucht ernste und zerstörerische Geschichte.
Wenns eine pro Leben wäre, ok. Da könnte man wohl noch mit umgehen, obgleich selbst "nur" einmal fremdgehen für die meisten Beziehungen schon eine extreme Belastung ist und viele daran zerbrechen. Aber es ist ja nüchtern betrachtet kaum davon auszugehen, dass es bei einer Manie bleibt. Bis die Einsicht, die richtigen Medikamente, die nötige Lebensführung und eine passende non-medikamentöse Therapie gefunden ist geht ne Menge Wasser den Bach runter, oder etwa nicht? Und in der Zeit tuts weh. Beiden. und sind Manien oder wirklich tiefe Depressionen drin tuts noch mehr weh. Extrem weh. Und diese Wunden nachher wieder zu kitten....
Sorry, das braucht schon einen fast Erleuchteten.
Ergo rate ich in solchen Fällen davon ab.
Und ich tue da auch nichts "blindlings". Ich selbst habe eher leichte Symptome. Kaum Hypomanien und wenn dann nur sehr kurze und seichte, und auch die Depressionen sind bis auf eine massive Antriebsstörung von außen nicht sichtbar. Und selbst ich hab massive Schäden verursacht. Bei meinen Ex-Freundinnen (und das waren einige) und auch beim familiären Umfeld. Das sind insgesamt mehr als 30 Menschen und in jedem Fall kann ich im nachhinein sagen: Hätten sie sich hier und da von mir fern gehalten, wäre nicht so viel zu Bruch gegangen. Das ist zwar noch nicht statistisch repräsentativ, aber auch keine "blindlings"-Basis.
Nun hat Thbu`s Freundin so wie ich es lese deutlich krassere Symptome als meine Wenigkeit. Wenn also ich, als eher "leichter" Fall, schon Schäden verursache, die selbst nach 10 Jahren nicht gekittet sind, was passiert dann erst in nem schwereren Fall?
Ich hoffe das macht meine Position etwas deutlicher und räumt mit dem kategorisch-dualistischen Bild auf, das ich wohl bei dir erweckt habe.
Die Zahlen stammen übrigens aus "Stephen Fry: the secret life of the Manic-Depressive, Teil 2"
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Von Aschenputer bis Napalmdrossel.
Männlich, 37, Bipolar 2, Pregabalin 150mg