Re: Wie gehts nun weiter?

Wolfgang
11. 09. 2001 16:37
Hi Kathi,

über die Unvollständigkeit meiner Antwort auf deinen Beitrag habe ich noch lange nachgedacht und schließlich ist mir noch folgendes eingefallen:

Wenn wir Ken Wilburs Hypothese zum Ende führen, läuft alles quasi darauf hinaus, daß die Seele (durch Leiden) dieses Erdendasein so gründlich leid werden muß, daß sie nach der Loslösung vom Körper (physischer Tod) die Entscheidung treffen kann, zu Gott zurückzukehren. Zu diesem Thema sagt das tibetanische Totenbuch: Die Seele geht nach der Loslösung vom Körper durch einen Tunnel, an dessen Ende sie ein helles Licht sieht. Dort angekommen, wird sie (die Seele) aufgefordert, in das Licht einzutreten. Wenn die Seele nun noch mit irgend etwas auf dieser Erde verbunden ist, kann sie dieser Aufforderung nicht Folge leisten, sondern geht weiter und muß wieder in einem Menschenkörper inkarnieren. Die Berichte, die man von Scheintoten bekommen hat, bestätigen diese Theorie. Wenn diese Hypothese richtig ist, dann bedeutet das, daß die Sinnlosigkeit, die uns in die Depression bringt, ein Zeichen dafür ist, daß wir dabei sind, uns von den letzten Aspekte dieser Erde loszulösen, damit wir nicht wieder zurückkommen müssen.

Dazu etwas über mich selbst: Ich lebe außerhalb der Stadt Fulda in einer gemütlichen kleinen Wohnung und bin das, was man so ?gut versorgt? nennt. Ich habe viele Freunden dieses Erdendaseins in reichlichem Maße genossen und wenn ich in die Stadt Fulda fahre, schaue ich mich neugierig um, was mir denn so noch fehlen könnte. Ich sehe die Menschen hin- und herwuseln und freue mich, daß ich kaum noch Wünsche habe. Kaum noch etwas in den Schaufenstern, das mich ?vom Hocker? reißen würde. Ich gehe in den Supermarkt und kaufe gezielt Bioprodukte ein ? ein 5-Prozent-Segment des Angebotes ? der Rest interessiert mich nicht mehr. Es gibt mir ein großes Maß an Freiheit, nur noch wenige Wünsche zu haben. Da kommt natürlich oft der Gedanke ?Was will ich denn dann eigentlich noch hier?? Die einzige Antwort auf diese Frage ist für mich, einfach zum Beobachter zu werden. Nicht mehr der kritisierende Beobachter, sondern jemand der einfach nur hinschaut. In der Akzeptanz dieser Welt mit all ihren (scheinbaren) Unzulänglichkeiten und der Akzeptanz der Tatsache, daß andere Menschen andere Weltmaßstäbe und Interesse haben (dürfen) liegt der Schlüssel zum Leben. Denke nicht, daß das immer leicht für mich ist. Es gibt durchaus Tage, speziell solche mit kaltem und regnerischen Wetter, an denen ich keine Lust habe, mich auf mein Rad zu schwingen und in die Natur zu radeln. Inzwischen habe ich mich aber so ?eingestellt?, daß mir das fast immer gelingt. Und immer wieder erlebe ich dann, daß aus anfänglicher Unlust und Gedanken wie ?Was soll das alles?? schließlich doch eine gewisse Lust entsteht. Der wesentliche Unterschied gegenüber früheren Zeiten ist der, daß keine lähmende Depression mehr entsteht. Ich bin inzwischen in der Lage, daß ich auch dann, wenn ich Tiefpunkte habe, meine täglichen Verrichtungen - Einkaufen, Kochen, Korrespondenz und Meditation - zu absolvieren. Und ich bin fähig geworden, auch mal ein paar Stunden gar nichts tun zu müssen und deswegen (entgegen meinen Konditionierungen) keine Schuldgefühle zu bekommen.

Hilfreich ist, Menschen zu haben, mit denen man über den Sinn des Lebens sprechen und diskutieren kann. Bücher sind hilfreich, aber die Kommunikation mit anderen Menschen ist außerordentlich wichtig. Neal Walsh (Gespräche mit Gott) ist meines Wissens der erste Autor, der Selbstmord nicht als ?Sünde? bezeichnet. Er sagt sinngemäß, daß es auch Selbstmord (gemäß dem freien Willen, mit dem Gott uns ausgestattet hat) eine notwendige Erfahrung für die Seele sein kann. Gegen Selbstmord spricht dann eigentlich nur, daß durch die Verkürzung des Lebens notwendiger Erfahrungen verlustig gehen ? was bedeutet, daß wir wieder auf diesen Planeten zurück kommen müssen. In der letzten Konsequenz muß jeder in jedem Moment dieses Erdendaseins die Entscheidung für oder gegen das Leben treffen und dann die Konsequenzen tragen.

Liebe Kathi,
es ist mir unglaublich wichtig, dir zu vermitteln, daß ich mich nicht im Lebensgefühl ?Friede-Freunde-Eierkuchen? befinde, sondern mich (immer noch) jeden Tag neu für das Leben entscheiden muß. Ein dummer, nicht denkender Mensch, ist da scheinbar besser dran. Doch wenn Ken Wilbers Hypothese richtig ist, wird auch dieser dumme Mensch im Laufe von vielen Leben dort hin kommen, wo wir bereits sind. Das schließt sich der Kreis. Das einzige in dem ich sicher bin, ist: es gibt in der Entwicklung keinen Weg zurück. Derjenige Mensch, der einmal angefangen hat, über den Sinn des Lebens nachzudenken, wird niemals wieder der werden, der er einmal gewesen ist. (Die biblische Geschichte vom Baum der Erkenntnis)

Geh? es an! Wiege dich nicht in Sicherheit, sondern mach täglich so viele der von mir vorgeschlagenen Übungen wie möglich. Auch dann, wenn es dir im Moment unnötig zu sein scheint. Die meisten zu Depression neigenden Menschen machen den Fehler, mit Gegenmaßnahmen erst dann zu beginnen, wenn sie bereits im Loch sitzen. Das ist ein Fehler!

Alles erdenkliche Gute wünscht dir Wolfgang
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Wie gehts nun weiter?

Kathi 4299 10. 09. 2001 20:26

Re: Wie gehts nun weiter?

Wolfgang 835 11. 09. 2001 13:40

Re: Wie gehts nun weiter?

Wolfgang 822 11. 09. 2001 16:37

Re: Wie gehts nun weiter?

Birgit 3386 12. 09. 2001 15:29



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