Liebe Elsa!
Ich habe dieselbe Erfahrung gemacht wie du, sich mit der Krankheit auseinanerzusetzen hilft glaube ich "uns Angehörigen" ungemein damit umzugehen. Ich habe vor kurzem meine Facharbeit für die Matura über das Thema geschrieben, bin auch über die Recherchen dafür auf dieses Forum gestoßen. Und ich muss sagen ich finde es einfach toll, ich glaube man kann nirgends mehr über die Krankheit lernen als hier. Wenn du das willst könnte ich dir meine Facharbeit schicken, aber es sind im Prinzip nur seeehr oberflächliche Informationen. Es reicht für die Matura, aber es reicht noch lange nicht für Menschen die Betroffen sind oder Angehörige. Aber auch wenn ich nicht zufrieden damit bin, bin ich froh dass ich auf diesem Weg begonnen habe, mich mit der Krankheit auseinanderzusetzen. Für mich ist ja nicht nur das Problem wie ich mit meiner Mutter in manischen bzw depressiven Phasen umgehe, sondern manchmal auch die Angst, selbst einmal betroffen zu sein. Das erhöhte Risiko ist ja bekannt. Normalerweise versuche ich natürlich mich nicht damit verrückt zu machen. Was ich auch sagen muss - wirklich bewusst miterlebt habe ich erst eine manische u. depressive Phase, und das ist inzwischen 1 1/2 Jahre her. Mit Lithium ist meine Mutter jetzt nämlich ziemlich stabil. In meiner Kindheit habe ich natürlich mehrere Phasen miterlebt, die sind mir aber jetzt nicht mehr so ganz bewusst, habe nur einzelne Situationen noch bildhaft im Kopf. Von dem her weiß ich noch nicht um wieviel besser ich nun mit einer Phase umgehen könnte, jetzt wo ich mich vermehrt damit auseinandergesetzt habe. Aber ich merke einfach wie sich dadurch meine Einstellung meiner Mutter gegenüber verändert hat, ich traue mich mit ihr über die Krankheit zu reden, das habe ich früher immer nur mit meinem Vater, ich habe ihr zum Beispiel auch dieses Forum empfohlen, so etwas wäre für mich früher absolutes Tabu-Thema gewesen.
Du siehst, ich könnte auch ewig darüber quatschen, aber auf deinen Beitrag bin ich dabei noch gar nicht eingegangen.
Was deine Frage in Bezug auf Selbstmord betrifft, ist die Selbstmordquote bei MD meines Wissens höher als bei "nur" Depressiven. Besonders gefährlich ist dabei die Mischform von Manie und Depression, die bei manchen Patienten vorkommt. Ist leicht erklärbar, da man in dieser Phase einerseits niedergeschlagen ist und andererseits doch mehr Energie für eine solche Tat hat als ein nur Depressiver. Abgesehen von dieser Sonderform gehören Selbstmordgedanken natürlich in die depressive Episode, in der sich der Betroffene schlecht fühlt. Denn in der manischen Episode ist ja das Selbstwertgefühl normalerweise gesteigert. Wie du es ja auch selbst beschreibst, kritisiert die betreffende Person alle anderen, aber nicht sich selbst, oder? Dieses Bild vom "Erzfeind" das du nennst, passt ganz gut, finde ich. Das Verhalten ist zwar bei allen unterschiedlich, aber eine gewisse Agressivität und Bosheit gegenüber "Andersdenkenden" kommt öfters vor. Bei uns ist es immer mein Vater gewesen, der die Schuld für alles bekommen hat. In den manischen Phasen meiner Mutter war er ein schlechter Vater, ein unmöglicher Ehemann,... Er ist extrem gutmütig und geduldig und hats bis jetzt immer durchgestanden, auch wenns oft sehr schlimm für ihn war, weil er manchmal meint er wäre wirklich Schuld an Mamas Krankheit - was sie auch schon behauptet hat.
Naja. Deine andere Frage - Tabletten absetzen ist meiner Meinung nach immer gefährlich, aber da können dir andere sicher besseren Rat geben. Die letzte Manie meiner Mutter ist ausgebrochen nachdem sie Lithium abgesetzt hat - mit Einverständnis des Psychiaters. In der Manie selbst - keine Ahnung. Hier möchte ich aber gerade auch noch anbringen, dass ich die Behandlung im Krankenhaus manchmal nicht ganz nachvollziehen kann. Jedesmal wenn meine Mutter ins Krankhenhaus kam - z.T. hatte sie zwar wirklich schon Wahnvorstellungen, aber trotzdem - wurde sie extrem mit Medikamenten "vollgepumpt", so dass ich in Tränen ausgebrochen bin als ich sie gesehen habe.
Ob das nötig ist? Ich weiß es nicht.
lg
Judith
