Hallo liebe A.,
wahrscheinlich habe ich mich, so wie viele andere Bipolare auch, mit dem Thema "Kontrollverlust" und "emotionaler Abhängigkeit" beschäftigt.
Ich habe ein starkes EGO und habe mir natürlich Gedanken darüber gemacht, warum bekomme ausgerechnet ich eine bipolare Erkrankung. Das kann doch eigentlich gar nicht sein. :-( . Die Verzweiflung über sich selbst und der eigenen Wahrnehmung.
Ich habe mich als Jugendlicher immer gefragt, warum Personen in meinem näheren Umfeld die Kontrolle spontan und aus heiterem Himmel verlieren. Wie kann es sein, dass Dein über alles geliebter Partner Dir vor einer Stunde sagt "Ich liebe Dich. So wie Dich habe ich noch niemanden vorher geliebt" und Dir dann ohne Vorankündigung die volle Breitseite in körperlicher und seelischer Gewalt verpasst.
Das die Partnerin in dem Moment völlig die Kontrolle über sich verliert und sogar in der Lage ist, Dir ein Messer an den Hals zu halten?!
Das Gefühl zu haben mit einem Menschen zusammen zu leben der 2 Gesichter hat?!
Diese Erkenntnis habe ich erst bekommen, als ich vor den Trümmern meiner Ehe stand. Meine Frau, Mutter meiner über alles geliebten Kinder war in der Lage mich von einem Moment auf den anderen mit eisiger Kälte zu behandeln. Und ja sie bedrohte mich mit Kindesentzug, ging ohne Vorwarnung wie eine Furie auf mich los und prügelte was die zarten Hände hergaben. Bedrohte mich mit finanziellem Ruin, isolierte mich vollständig von meinem Freundeskreis und zu guter Letzt auch noch mit dem Rausschmiss aus den eigenen 4 Wänden. Ganz nebenbei fing sie dann auch noch ein Verhältnis mit einem älteren Mann an (Trotz der so wichtigen Familie und der Kinder). Nach außen war sie die treue, fürsorgliche, liebevolle Mutter. Niemand hätte auch nur ansatzweise vermutet, welche Persönlichkeit hier schlummert.
Nach dieser über 10 Jahre dauernden schmerzhaften Erfahrung habe ich einfach mal gegoogelt. Einfach mal eine Aussage der Wut meiner Frau in die Suchmaschine eingegeben... Und die erste Seite die mir gezeigt wurde, war das Borderline Forum. Neugierig habe ich die Erlebnisse und Geschichten vieler Betroffener gelesen. Die Geschichten, welche ich gelesen habe, passten 1:1 auf meine eigene.
Um Deine Frage zu beantworten: Ja ich bin verbittert, sogar verzweifelt, tief verletzt und ratlos. Vielleicht fragst Du Dich warum ich das Spiel solange mitgemacht habe? Ich habe diese Frau bedingungslos geliebt, war süchtig nach den schönen Gefühlen (auch die gab es).
Ich habe in die Augen meiner Kinder geschaut und habe geheult, weil ich nicht in der Lage war, diese Ehe noch weiter auszuhalten. Die Verantwortung zu haben, aber nichts machen zu können. Ich musste aus der Ehe und vor meiner Frau flüchten um mich selber zu schützen. Die Akkus waren endgültig leer und mein Körper versagte den Dienst. Und es brach mir das Herz, mich von meinen geliebten Kindern, welche ich in Ihrem Leben von Geburt an begleitet habe alleine zu lassen. Das war der größte Schmerz in meinem Leben.
Die Familie war mein Haltepunkt, die Kinder der Grund für mein Episoden freies Leben.
Vielleicht verstehst Du nun, warum ich gerade dieses Thema so auf der Fahne habe. Ich weiß, dass ein Borderliner sich nicht selber so gemacht hat. Das er in seiner Kindheit auch das Opfer seiner Umgebung war.
Aber das ist keine Entschuldigung dafür das Leben anderer später so unerträglich zu machen.
Und es ist der schmale Grad der Diagnose... Bipolare und Borderliner haben halt die "Depression" gemeinsam. Und die Gefühlsschwankungen im Rapid Cycle. Ich denke hier besteht die große Verwechslungsgefahr.
Nun ja, das ist meine persönliche Erfahrung und Erkenntnis bei der Verarbeitung meiner Erkrankung. Es hilft mir nicht völlig den Verstand zu verlieren und auf meinem Weg zu bleiben.
Liebe Grüße
AlterVatter
