Hallo Annika,
ich möchte mal aus meiner eigenen Erfahrenen-Perspektive sagen, wie ich etwas empfinden würde, wenn dieses oder jenes geschieht.
Als erwachsene Frau möchte ich persönlich ernstgenommen und meine Vorstellungen, eigene Gedanken und Erkenntnisse zumindest respektiert werden. Womit ich Probleme hätte, wenn Angehörige oder auch Andere sich zu "Experten" aufschwingen und nicht mehr das wären, was sie eigentlich vorher für mich waren, z.B. Vater, Mutter, Geschwister, Freunde.
Mir würde es eher helfen, wenn sie in ihrer normalen Art mir beistehen. Da sein, Verständnis zeigen, mich dann unterstützen, wenn ich selbst Zweifel hätte und erst tätig werden, wenn ich darum bitte, es sei denn ich wäre nun überhaupt nicht mehr in irgendeiner Form erreichbar.
Deine Tochter wird sicherlich schon selbst genug mit sich zu tun haben, sie braucht dann eher einen Zuhörer.
Auch wenn du in ihrem Beisein deine Zweifel nicht ansprichst, aber deine Recherchen lassen sie außen vor. Es ist in Ordnung wenn ein Angehöriger wissen möchte, was eine bipolare Störung ist, wie sie sich äußert, warum der Mensch sich so verändert. Auch finde ich es hilfreich wenn der Angehörige fragt, was einem Menschen in einer Krise gut tut, also wie ein Angehöriger sich in dieser Zeit am Besten verhält, damit es nicht immer zu Eskalationen kommt.
Da kannst du deine Tochter direkt fragen, was sie von dir erwartet und welche Unterstützung sie von dir wünscht, zumal sie ja recht reflektiert erscheint.
Mit ihr reden und nicht über sie hinweg handeln stärkt das Vertrauen.
Zum Experten ihres Störungsbildes, welches auch immer es ist, muss sie selbst werden.
Viele Grüße Heike
PS: Als Mutter da sein und nicht als weitere Diagnostikerin, Therapeutin oder Pflegerin, das finde ich persönlich wichtig!
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Ich bin ein Mensch mit vielen Farben und Facetten zeitweise unterbrochen durch unipolar depressiven Phasen, im MD-Forum schon seit 2002 vertreten.
"Recovery zielt nicht auf ein Endprodukt oder ein Resultat. Es bedeutet nicht, dass man ›geheilt‹ oder einfach stabil ist. Recovery beinhaltet eine Wandlung des Selbst, bei der einerseits die eigenen Grenzen akzeptiert werden und andererseits eine ganze Welt voller neuer Möglichkeiten entdeckt wird. Dies ist das Paradoxe an Recovery: Beim Akzeptieren dessen, was wir nicht tun oder sein können, beginnen wir zu entdecken, wer wir sein können und was wir tun können" (Patricia Deegan 1996).
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.06.17 22:41.